Lies: „Schiefergasfracking wird in Deutschland nie passieren“

Olaf Lies
Der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies ist für den Bergbau im Land zuständig.
In einem Kurzreport „Hoffen auf ein Fracking-Verbot“ (gesendet am 15.02.2014) des NDR war der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies mit folgenden Worte zu sehen:

Ich halte das für falsch. Ich bin davon überzeugt, dass es in Deutschland auch nie passieren wird. Aber um sozusagen auch die Argumente dafür zu haben, muss man es wissenschaftlich untersuchen. Man entscheidet doch nicht mit dem Bauch, ob eine Technologie einsetzbar ist oder nicht einsetzbar, sondern man muss sie technisch untersuchen, wissenschaftlich begleiten und damit auch der Industrie signalisieren, wir sind sehr wohl bereit, wissenschaftlich zu klären, ob’s geht. Aber ich bleibe davon überzeugt, dass es in Deutschland keine Anwendung finden wird. Auch das gehört, glaube ich, zur Wahrheit dazu.

Es würde die Wahrheit verfälschen, dieses Zitat allein, ohne die einleitenden Worte des Reporters zu bringen. „… was er zur Zukunft von Fracking in Schiefer sagt…“

Der Reporter schließt daraus, dass Lies sich „auf die Seite der Gegner geschlagen“ habe. Stimmt die Verallgemeinerung? Ist mit „Schiefergasfracking“ das Fracking generell gemeint?

Anfang Dezember gelangte ein anderes Zitat von Lies in die Öffentlichkeit. Die HAZ zitiert den amtierenden Obersten Bergmann im Lande so: „Für alle Frack-Vorhaben soll eine Umweltverträglichkeitsprüfung sowie ein öffentliches Beteiligungsverfahren zwingend vorgeschrieben werden.“

Zwingende Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung für Frac-Vorhaben, wissenschaftlich begleitete, technische Frac-Studien: Deutlicher kann man nicht ausdrücken, dass Fracking in Niedersachsen auch weiterhin stattfinden soll. Mehr noch: Es soll auch technisch weiterentwickelt werden. Oder zumindest wissenschaftlich fundierte „Belege“ dafür entwickelt werden, dass Fracking „umweltverträglich und sicher“ machbar ist. In Schiefer wohl nicht, meint Lies, aber sonst schon.

Fracking (Kurzwort für Frakturieren von Gesteinen, z. B. mittels eingepressten Flüssigkeiten) wird eingesetzt, um eine Verbindung zwischen Bohrungen und Gesteinen zu schaffen, aber auch, um ganze Gesteinsformationen im Umkreis von bis zu mehreren hundert Metern aufzubrechen. Ersteres ist in den späten 1940er-Jahren erstmalig industriell eingesetzt worden, in Schleswig-Holstein einige Male ab den 1950ern und in Niedersachsen seit 1961. Das neue Fracking, bei dem der Untergrund meist mit horizontal verlaufenden Bohrungen und sehr großen Wassermengen und mit sehr hohen Drücken bis zu 1600 bar großflächig und systematisch aufgebrochen wird, wurde erst in jüngerer Zeit entwickelt. Dieses neuartige Fracking wird auch high volume hydraulic fracturing (HVHF) genannt. In den USA wird es seit 2005 im großen Stil eingesetzt, jetzt wollen die Unternehmen diese neue Technik auch in Europa einführen.

Während es in den USA inzwischen leidlich und leidige Erfahrungen mit HVHF in Schiefer gibt, liegen auf dem alten Kontinent, insbesondere in Deutschland keine nennenswerten Erfahrungen mit der Technik vor. Von den dem Landesbergamt in Hannover/Clausthal-Zellerfeld bekannten 326 Fracs in Niedersachsen seit 1961. Außer drei Frac-Versuchen in einer Bohrung Damme haben sämtliche in der Liste genannten Fracs in sog. tight gas-Lagerstätten stattgefunden. Aus diesen stammt der Großteil des in Deutschland geförderten Gases. Herr Lies als Wirtschaftsminister will diesen Wirtschaftsfaktor offenkundig erhalten und unterscheidet daher akribisch zwischen tight gas und Schiefergas.

Habeck: „Fracking ist (k)eine sterbende Technologie“

Dr. Patrick Breyer, Fraktionsvorsitzender Piratenpartei, begründete die Gesetzesänderung im Kieler Landtagsplenum
Dr. Patrick Breyer, Fraktionsvorsitzender Piratenpartei, begründete die Gesetzesänderung im Kieler Landtagsplenum
„Fracking ist eine sterbende Technologie“, so leitete Energiewendeminister Dr. Robert Habeck heute Vormittag seine kurze Rede im Kieler Landtag ein. Zur Debatte stand der Änderungsentwurf der Piratenpartei für das Landeswassergesetz, mit dem Fracking in Schleswig-Holstein faktisch ein Riegel vorgeschoben werden soll.

In der Debatte beteuerten Redner aller Fraktionen mehr oder weniger deutlich, dass sie Fracking ablehnen. Man müsse aber aufpassen, dass mit einer geänderten Gesetzgebung die Ölförderung in der Mittelplate nicht torpediert werde, gab Heiner Rickers, CDU, zu bedenken. Olaf Schulze, SPD, mochte nicht bestätigen, dass Fracking auch ohne toxische Substanzen pauschal abzulehnen ist. Minister Habeck hielt die derzeitig geltenden allgemeinen Versagungsgründe im geltenden Landeswassergesetz für ausreichend und meinte, die seien umfassender als das, was die Piraten vorschlagen.

Der Gesetzentwurf wurde vom Plenum in den Ausschuss überwiesen. Die Landesregierung nahm die Debatte auch zum Anlass, über progressive Aktionen ihrerseits zu informieren. So hat Minister Habeck am 19. Februar an seine Landeskollegen, alle Landeswirtschaftsminister (mit Ausnahme derer in Baden-Württemberg, Berlin, Hessen und Thüringen), die Bundesumweltministerin und den Bundeswirtschaftminister geschrieben und um Unterstützung bei einer Novelle des Bundesberggesetzes geworben.

In dem 14-Punkte-Papier sucht man ein klares Verbot von Fracking zur Aufsuchung und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen allerdings vergeblich. Dort schreibt Habeck nämlich klar und deutlich, dass Fracking ohne „umwelttoxische“ Chemikalien und nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung grundsätzlich erlaubt sein soll:

7. Einführung eines Fracking-Verbotes zur Förderung von
Kohlenwasserstoffen in unkonventionellen Lagerstätten unter Einsatz
toxischer Frackfluide

und

14. Einführung einer obligatorischen UVP-Pflicht für Fracking-Vorhaben
Novellierung der UVP-V-Bergbau, Einführung einer obligatorischen
UVP-Pflicht um sicherzustellen, dass sämtliche Belange des
Umweltschutzes Berücksichtigung finden.

Ob damit vielleicht das eingeschlafene Gesetzgebungsverfahren wieder erweckt werden soll, das die Herren Rösler und Altmaier vor genau einem Jahr aufgelegt hatten? Es sieht ganz so aus.

Heute morgen hat Ministerpräsident Torsten Albig in einem Schreiben an Patrick Breyer bestätigt, dass ein generelles Fracking-Verbot nicht vorgesehen ist. Albig wörtlich: „Im Hinblick auf die Fracking-Technologie wird der künftige Landesentwicklungsplan Aufsuchung und Gewinnung von Erdöl und Erdgas nur insoweit zulassen, wie sie keine schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt und insbesondere das Grundwasser verursachen.“

In Schleswig-Holstein sind 2013 insgesamt 12 Erlaubnisse bzw. Bewilligungen zur Aufsuchung bzw. Gewinnung von Öl und Gas erteilt worden. Es muss davon ausgegangen werden, dass hier auch sog. unkonventionelle Lagerstätten aufgesucht bzw. neu erschlossen werden. Für zwei Erlaubnisfelder ist dies bereits belegt: Ostrohe und Elmshorn. Dort sollen unter anderem auch Gesteine untersucht werden, die den Bodenschatz nur freigeben, wenn sie zuvor aufgeknackt wurden — z.B. mit Fracking.
Wie die Abgeordnete Angelika Beer, Piratenpartei, heute in der Kieler Plenardebatte verriet, sind zwei weitere Erlaubnis- und ein weiterer Bewilligungsantrag für Schleswig-Holsteinisches Gebiet derzeit im Zulassungsverfahren.
Nachtrag: Wie inzwischen zu erfahren war, betreffen diese drei Anträge
– ein Gebiet im Kreis Rendsburg/Eckernförde (Aufsuchungsantrag)
– ein Gebiet im Kreis Segeberg (Aufsuchungsantrag)
– ein Gebiet im Kreis Rendsburg/Eckernförde (Bewilligungsantrag)
Details, z. B. die Grenzen und Größen der beantragten Felder, hält der zuständige Umweltminister aber weiterhin vor der Öffentlichkeit geheim. Die betroffenen Gemeinden sollen über die Ämter beteiligt und Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen. Zu wünschen bleibt, dass die verfahrensführende Behörde — das seit 29.11.2013 zuständige LBEG — diese Stellungnahmen auch angemessen berücksichtigt, bevor den Antragstellern die Bescheide ausgestellt werden.

Protokoll der Plenarsitzung (PDF)

CEP redet um den heißen Brei: Fracking Big Barth

Bohrturm der Erkundungsbohrung Barth 11 (Foto: CEP 2011)
Bohrturm der Erkundungsbohrung Barth 11 (Foto: CEP 2011)
CEP sagt: „Die horizontale Strecke der Barth 11 Bohrung soll durch 10 Stimulationen an das Speichergestein angeschlossen und dann getestet werden“
CEP sagt: „Das ist kein Schiefergasfracking“

 

Mit wohlgeformten Worten, schönen Bildern und verheißungsvollen Zahlen hat das Ölförderunternehmen CEP unlängst das geplante Projekt „Barth 11“ der Öffentlichkeit präsentiert. Auf Einladung der Grünen informierte CEPs deutscher Geschäftsführer Dr. Thomas Schröter Ende Januar in Ribnitz-Damgarten rund 100 Interessierte über die geplante Ölförderung am Saaler Bodden.

2011 ist hier, nur wenige hundert Meter nördlich der Ortschaft Saal, eine Produktionsbohrung von 3863 Metern Länge niedergebracht worden — ca. 2700 Meter in die Tiefe und dort gut 1 Kilometer waagerecht (horizontal) abgelenkt. Mit dieser Bohrung soll bald ein Fördertest stattfinden, um die Ergiebigkeit der Lagerstätte zu testen.

Zunächst hatte es geheißen, die geplante Fördermethode habe nichts mit dem gefürchteten Fracking zu tun. Gemeint war damit das Fracking in Schiefergestein. Die Lagerstätte Barth besteht nicht aus Schiefer, sondern aus Staßfurtkarbonat im Zechstein. Aber auch dieses Gestein ist sehr hart und gibt das in ihm lagernde Öl nicht ohne Weiteres, sondern erst dann frei, wenn Risse im Gestein entstanden sind, also gefrackt wurde.

1500 Tonnen „Stimulationsflüssigkeit“ in einer einzigen Testförderbohrung
Wie Schröter in Ribnitz-Damgarten offenbarte, soll die Bohrung Barth 11 für diesen Test auf der horizontalen Strecke insgesamt 10 Mal „hydraulisch stimuliert“ werden, mit jeweils bis zu rund 150 Kubikmetern „Stimulationsflüssigkeit“. Die Risse, die damit im Gestein erzeugt werden sollen, sollen entsprechend der Modellberechnungen 70 Meter weit von der Bohrung ins Gestein reichen, sowohl horizontal als auch vertikal.

Hierin wird deutlich, dass „hydraulische Stimulierung“ nichts weiter als ein anderes Wort für „Fracking“ ist. Doch das verschweigt das Unternehmen tunlichst. Lieber versteckt man das Verfahren hinter dem sperrigen Begriff „Anschließen der Bohrung an die Lagerstätte“.

Fracking (syn. hydraulisches Frakturieren; syn. hydraulische Stimulation) definiert sich über das Einpressen eines hydraulischen Mediums in eine Bohrung zur Erzeugung von Rissen im Gestein. Dieses ist vom Betreiber CEP für die Lagerstätte Barth ausdrücklich beabsichtigt. Die Rahmenbedingungen hinsichtlich Lage des Vorkommens, den vorgesehenen Einpressvolumina und den modellierten Risslängen sind dabei in etwa mit der Förderung von Tightgas-Vorkommen in Niedersachsen vergleichbar, wo seit 2011 ein faktischer Zulassungsstopp der Frac-Behandlungen besteht.

Barth11_Frac_Additiv_CleanStimÜber 7 Tonnen Chemikalien für eine einzige Produktionsbohrung
Dass viele Bürger besorgt sind und das Vorhaben nicht kritiklos hinnehmen, zeigte sich in Ribnitz-Damgarten. In der Diskussion nach seinem Vortrag bemühte sich Schröter laut einem Bericht von Gudrun Kaspareit, klar zu machen: „Nein, Fracking würde nicht stattfinden, dies hier wäre konventionelle Ölförderung und die Flüssigkeiten, die zur „Stimulation“ benutzt würden, könne man sogar trinken.“

Die Rezeptur, die in Barth 11 zum Einsatz kommen soll, heißt CleanStim®. Sie soll ausschließlich aus Stoffe komponiert sein, die u. a. in der Nahrungsmittelindustrie verwendet werden. Zwar gibt das herstellende Unternehmen Halliburton an, dass CleanStim-Frac-Fluid nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt sei, dennoch ließen sich Halliburton-Top-Manager dabei beobachten, wie sie dieses Frac-Fluid tranken. Das Produkt enthält Gelbildner, Quervernetzer, ein Tensid und mit dem Brecher Hemicellulase z. B. einen Stoff, der allergisches Asthma auslösen kann.

Mengenangaben („Konzentrationen“) CEP Testbohrung Barth 11; vorgesehen 10 Fracs à 150.000 l Frac-Fluid
Rezeptur CleanStim(R)

Bezeichnung des Stoffes

% Anteil am Gesamt

pro Frac (kg)*

10 Fracs (kg)*

Natrium-Carboxymethyl-Cellulose (E466)
wird als Waschmittelzusatz, Bindemittel, Verdicker, Papierleimungsmittel, Schutzkolloid, Bohrhilfsmittel bei Erdölbohrungen eingesetzt. In der EU als Lebensmittelzusatzstoff der Nummer E 466 zugelassen und verbessert die Konsistenz bei vielen Lebensmitteln, etwa bei Speiseeis (Reduktion der Eiskristallbildung), Mayonnaisen, Saucen, Fruchtmassen, Gelee.

0,35

525

5250

Schwefelsäure (E513)
Kommt in den Lebensmitteln in so geringen Mengen vor, dass sie als unbedenklich eingestuft wird. In höheren Konzentrationen wirkt die starke Säure ätzend.

0,02

30

300

Aluminiumsulfat (E520)
Verbindungen mit Aluminium stehen im Verdacht ursächlich mit der Entstehung der Alzheimer Krankheit zu stehen. Niereninsuffizienzen reduzieren die Ausscheidung von Aluminium.

0,05

75

750

Zitrusextrakt

0,01

15

150

Isopropanol
Narkotisch, toxisch, haut- und schleimhautreizend

0,01

15

150

Hemicellulase (Enzyme)
steht im Verdacht, allergisches Asthma auszulösen

0,001

1,5

15

Zitronensäuretriethylesther (E330)

0,05

75

759

Gesamt

0,491

736,5

7365

* Abweichungen können sich ergeben, da Anteile am Gesamt in „Konzentration in %“ angegeben wurden

Über die Sondermüllentsorgung lieber nicht sprechen
Bei der Öl- und Gasförderung fällt regelmäßig flüssiger Sondermüll in Form von Lagerstättenwasser an. Das Wasser aus dem tiefen Untergrund enthält in variierenden Mengen u. a. Kohlenwasserstoffe (BTEX), Schwermetalle und radioaktive Stoffe. Der erste Fördertest im Jahr 2011 habe ergeben, dass die Lagerstätte in Barth wasserfrei sei, sagte CEP-Pressesprecher Müller auf Nachfrage.

Allerdings hat das Objekt der Begierde, die Erdöl-Lagerstätte im Staßfurtkarbonat, lt. LBEG [PDF] eine Mächtigkeit von nur ca. 20 Metern. Bei den avisierten Risslängen werden die darüber und darunter liegenden Schichten des Zechstein und des Rotliegend mitgefrackt und es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die ebenfalls „wasserfrei“ sind.

Außerdem fließt nach aufgenommener Förderung erfahrungsgemäß ein Teil des eingepressten Frac-Fluids zurück an die Oberfläche (Flowback) und dürfte, trotz seiner angeblich harmlosen Additive, kaum geeignet sein, bedenkenlos in den nächsten Gulli abgeleitet zu werden. Das Flowback solle gesammelt und über genehmigte, lizensierte Entsorgungswege/Deponien entsorgt werden, sagte der Pressesprecher. Angaben über eine mögliche Behandlung von Lagerstättenwasser machte er nicht.

Sweet spot Big Barth: Bei Fündigkeit systematische Ausbeutung

Existiert noch nur als Plan: Mögliche Erschließung der angenommenen Erdöl-Lagerstätte "Big Barth" (ungefähre Darstellung)
Existiert noch nur als Plan: Mögliche Erschließung der angenommenen Erdöl-Lagerstätte „Big Barth“ (ungefähre Darstellung)
Wenn die Testförderung wie beantragt von der Bergbehörde in Stralsund zugelassen wird, dann wird nicht nur zum ersten Mal in Mecklenburg-Vorpommerns in einer neuen Dimension gefrackt. Dann soll auch, eine sprudelnde Öl-Quelle vorausgesetzt, der Flecken zwischen Saal und Barth systematisch und flächendeckend unterirdisch aufgebrochen werden.

Sechs weitere Betriebsplätze sollen dann die idyllische Landschaft bereichern und ca. 17 horizontal abgelenkte Bohrungen den Untergrund durchlöchern. Die entsprechende Karte, die Schröter in Ribnitz-Damgarten öffentlich zeigte, sprach sogar von 28 Horizontalbohrungen und ist nebenstehend nachempfunden. Zu der lieblichen Landluft könnte sich schon bald der Duft der großen, weiten Ölproduktion, ins Rauschen der Wälder schon bald das Wummern der Pumpen mischen.

Die Ölbarone in Kanada und ihre deutschen Helfer werden sich die Hände reiben, während das Land vielleicht entdeckt, dass die erhofften Förderzinsen zwar fließen, aber nicht ins Staatssäckel, sondern zurück in die Taschen der Unternehmen — als Feldesbehandlungskosten.

Politische Bildungsstunde

Am 27. Februar 2014, ab 9 Uhr, werden die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses des Landtags Mecklenburg-Vorpommern 10 Anhörungspersonen, Fachleute zum Thema Fracking in einer öffentlichen Expertenanhörung befragen, sich Wissen über diese neuartige Technik aneignen und sich eine Meinung bilden. Spätestens dann muss ihnen klar werden, dass es originäres und massives Fracking ist, was CEP am Ostseerand plant. Und sie werden, so hoffen die vielen Fracking-Gegner im Land, alles daran setzen, dem groben Unfug Fracking einen Riegel vorzuschieben.

=============================================

Schriftliches Interview mit Jens D. Müller, Pressesprecher CEP GmbH, 11.02.2014

1. Ist es richtig, dass die Bohrung Barth 11 in rund 2600 m Teufe auf rund 1000 m horizontal abgelenkt ist und auf dieser Horizontalstrecke 10 Stimulationsmaßnahmen mit jeweils 100 m³ Stimulationsflüssigkeit an den Zielhorizont angeschlossen werden soll? Wenn nein, wie ist die Bohrung dann beschaffen und wie soll die Bohrung angeschlossen werden (bitte mit vergleichbarem Detailgrad beantworten)?

JDM: Teufe ca. 2700 m, jeweils bis zu 150 m³ wie in benachbarten Feldern in der Vergangenheit eingesetzt

2. Ist es richtig, dass die angestrebten Risslängen ca. 160 m horizontal und ca. 90 m vertikal betragen? Wenn nein, welche Risslängen sind stattdessen intendiert (bitte mit vergleichbarem Detailgrad beantworten)?

JDM: Aktuelle Simulierungen gehen von einem Rissradius von 70 m horizontal und 70 m vertikal aus.

3. Bin ich richtig informiert, dass die Stimulationsflüssigkeit aus 99,5 % Wasser und Sand und zu 0,5 % aus Additiven bestehen soll, die ausschließlich aus der Lebensmittelindustrie stammen sollen? Wenn ja, welche Stoffe sind dies im Einzelnen, in welchen Quantitäten (pro Stimulation) und in welchen Konzentrationen sollen sie eingesetzt werden? Wenn nein, mit welchen Zusätzen, in welchen Konzentrationen und Quantitäten, soll stimuliert werden?

JDM: Nicht wassergefährdende Stimulierungsflüssigkeit

4. Wann soll planmäßig die Testförderung in Barth 11 beginnen und wann soll sie enden?

JDM: Testarbeitsprogramm einschließlich Vorbereitungen ungefähr 3 Monate im Frühjahr, Stimulierung selbst ca. 1 Tag, Dauer der Förder- und Einschlussphasen abhängig von Testergebnissen

5. Stimmt es, dass CEP bei einer festgestellten, wirtschaftlichen Förderbarkeit aus dieser Lagerstätte bis zu 7 weitere Betriebsplätze mit bis zu 35 Bohrungen plant, die jeweils bis zu 3000 m horizontal abgelenkt werden und eine Fläche von rund 25 km² erschließen sollen? Wenn nicht, wie und in welchem Ausmaß soll die Lagerstätte erschlossen werden?

JDM: Das mehrfach vorgestellte, beispielhafte Entwicklungskonzept geht derzeit von 7 Bohrplätzen mit rund 17 Bohrungen aus. Weitere Planungen sind abhängig von der Bewertung der Struktur.

6. Für den Fall, dass die Förderung von Erdöl und Begleitgas in und um Barth erfolgreich durchgeführt werden kann:
a) Welche infrastrukturellen Maßnahmen planen Sie für Aufbereitung und Transport der gewonnenen Bodenschätze?
b) Welche Planung gibt es für Aufbereitung bzw. Entsorgung von anfallendem Flowback und von anfallendem Lagerstättenwasser?

JDM: Flowback: Sammeln und Entsorgen über genehmigte, lizensierte Entsorgungswege/Deponien
– Bisherige Ergebnisse zeigen wasserfreie Lagerstätte, weitere Erkenntnisse durch Test

7. Laut Bloomberg (Juni 2013; unter Berufung auf CEP-Berechnungen) wären bis zu 1/2 Milliarde Euro Fördereinnahmen (best case scenario) für das Land Mecklenburg-Vorpommern aus diesem Feld zu erwarten. Stimmt diese Darstellung und trifft sie heute noch zu oder haben sich Änderungen ergeben? Wenn ja, welche und warum?

JDM: – Bloomberg-Zahlen beruhen auf deren eigenen Kalkulationen
– Konservativer Ausbringungsfaktor von 15 % führt bei 10 % Förderabgabe und damals getroffenen Ölpreisannahmen zu derzeit geschätzten 340 Mio. Förderabgabe über 25 Jahre für die Saal/Barth-Struktur
– Weitere Vertiefung durch weitere Aufsuchungsarbeiten

8. Abschließend eine Frage zur Akzeptanz durch die Bevölkerung vor Ort: Sehen Sie die Akzeptanz für Ihr Vorhaben in Barth als überwiegend gut, als überwiegend schlecht oder als derzeit nicht einschätzbar an? Und rechnen Sie in den kommenden zwei Jahren mit einer Entwicklung in eine eher positive oder eher negative Richtung? Welche Faktoren sehen Sie als Motor für eine Entwicklung in die eine oder andere Richtung an? Ggf.: Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um die Akzeptanz in der
Bevölkerung zu verbessern?

JDM: Akzeptanz basiert auf Wissen und Dialog (u.a. bis Ende Januar 2014 in Mecklenburg-Vorpommern rund 100 Informationsveranstaltungen mit ca. 1500 Gästen sowie 238 Führungen bei Seismikarbeiten und Bohrungen mit 2175 Besuchern)

Ihrer raschen Antwort sehe ich entgegen und bedanke mich im Voraus
dafür. Wenn Sie mir freies Bildmaterial, das ich ggf. in einem Artikel
über die neue Förderung von Erdöl und Begleitgas in Vorpommern verwenden
möchte, zur Verfügung stellen können, sage ich auch dafür schon einmal
Danke.

JDM: Auf der Website finden Sie Bildmaterial von Seismik und Bohrungen

Mit freundlichen Grüßen

Carin Schomann
Freie Journalistin, Hamburg