Die Gasindustrie streckt die Finger nach der Schorfheide aus

400 Jahre alter Waldweg durch die Schorfheide
400 Jahre alter Waldweg durch die Schorfheide (Foto: Ralf Roletschek/wikimedia)
Ein herrliches Stück Natur, wasser- und waldreich: Die Schorfheide nördlich von Berlin. Hier jagten schon Kaiser Wilhelm II., Hermann Göhring und Erich Honnecker – jetzt wollen Gasbohrer in der Schorfheide nach Erdgas jagen. Das niederländische Unternehmens Jasper Resources BV hat einen Antrag zur »Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen nebst den bei ihrer Gewinnung anfallenden Gasen« im Feld »Zehdenick Nord« beim zuständigen Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) gestellt.

Jetzt läuft die Beteiligung von Behörden, die in ihrem Aufgabenbereich von der Aufsuchung betroffen sein könnten. Die Stadt Zehdenick hat, »trotz erheblicher Bedenken aus Sicht des Naturschutzes … nichts gegen eine Lizenzierung«, wie die Märkische Oderzeitung berichtete. Heike Wegener von der Stadtverwaltung Zehdenick habe die Zustimmung zur Erteilung der Erlaubnis damit begründet, dass es ja zunächst nur um die Lizenz ginge und dass eventuelle Bedenken ja noch in Betriebsplanverfahren in die Waagschale geworfen könnten, wenn das Unternehmen konkrete Maßnahmen beantrage, berichtet die MOZ weiter.

Erstaunlich hartnäckig hält sich damit die irrige Annahme, dass eine erteilte bergrechtliche Erlaubnis nichts weiter sei als ein Stück Papier. Doch tatsächlich ist sie eine grundgesetzlich geschützte Rechtsposition, die beim Unternehmen zu Recht die Erwartung stützt, dass sich Investitionen in der Aufsuchungsphase auch lohnen werden und es bei Fündigkeit prinzipiell mit der Förderung der Bodenschätze beginnen kann. Und dass das Vorhaben nicht später, wenn die Zulassung einer Maßnahme wie seismische Untersuchungen oder eine Pilotbohrung beantragt wird, durch zunächst unbeachtete, entgegenstehende öffentliche Interessen gestoppt wird und die Anfangsinvestition in den Sand gesetzt ist. Sobald eine bergrechtliche Erlaubnis erteilt ist, rollt der Zug los und ist nur noch sehr schwer zu stoppen, wenn überhaupt.

Am 24. März 2014 hatte Jasper Resources BV die bergrechtliche Erlaubnis für das Feld »Zehdenick Nord« beantragt (Brandenburgischer Landtag Drs. 5/9392). Die beantragte Feldgröße betrug rund 907 km².
Von der beantragten Erlaubnis waren teilweise bzw. vollständig betroffenen:
– 30 Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiete
– 3 Vogelschutzgebiete
– 21 Naturschutzgebiete
– 2 Naturparke
– 1 Biosphärenreservat
– 4 Landschaftsschutzgebiete
– 18 Wasserschutzgebiete

Im Spätherbst 2014 lief das Beteiligungsverfahren gem. § 15 BBergG. Erhebliche Bedenken u. a. aus Sicht des Natur- und des Wasserschutzes wurden geäußert.

Das Unternehmen überarbeitete den Erlaubnisantrag und reichte ihn im April 2015 neu ein – nun für ein um ca. zwei Drittel verkleinertes Feld. Noch bis 30. Juni 2015 dauert das Beteiligungsverfahren laut MOZ.

Fracking sei laut Arbeitsprogramm des Erlaubnisantrages nicht geplant, informierten die zuständigen Behörden. Aufbauend auf den Ergebnissen der hier früher zu DDR-Zeiten durchgeführten Explorationsarbeiten auf Kohlenwasserstoffe solle die Wirtschaftlichkeit eines Wiederaufschlusses der Kohlenwasserstofflagerstätte im Raum Zehdenick erkundet werden. Außerdem solle eine Erkundungsbohrung niedergebracht werden, um die das Potential im Rotliegend (Sandstein) zu bewerten. Es sind seismische Tätigkeiten und eine Erkundungsbohrung vorgesehen. Die beantragte Laufzeit der beantragten Erlaubnis solle 5 Jahre betragen.

Wer Jasper Resources BV ist, darüber finden sich im WWW keine frei zugänglichen Informationen. Eine Jasper Resources Inc. existiert in College Station, Texas 77845-3865 und ist laut einem WWW-Dienst »ein kleines Rohöl- und Erdgasunternehmen mit einem Vollzeitbeschäftigten und einem Jahresgewinn von 140.000 US-Dollar.«

Laut Auskunft der brandenburgischen Landesregierung werden im Zuständigkeitsbereich des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe des Landes Brandenburg zurzeit sechs Verfahren in Bezug auf die Erkundung bzw. die Vorbereitung der Erkundung von Erdgas geführt.
Belastbare Angaben über eine eventuelle Fündigkeit bzw. über förderbare Vorkommen kann die Landesregierung in Abhängigkeit vom Erkundungsstand nur zum Teil machen.
Die nachfolgende Auflistung stellt den derzeitigen Erkenntnisstand dar:
1) Bergwerkseigentum Märkisch Buchholz, Teufe rund 2.400 m, initiales Gas etwa 17,6 Mrd. m3 (VN).
2) Erlaubnisfeld Reudnitz, mehrere Lagerstätten im Rotliegend-Sandstein vermutet, Teufen ca. 2.500 – 3.000 m, evtl. bis zu 10 Mrd. m3 (VN) Erdgas.
3) Erlaubnisfeld Zehdenick-Nord, Teufe ca. 4.200 – 4.300 m, vermutet werden 20 – 50 Mrd. m3 (VN), Erlaubnis zur Aufsuchung von Erdöl und Erdgas noch nicht erteilt, 2. Beteiligungsverfahren in Vorbereitung.
4) Erlaubnisfeld Lübben, mehrere kleinräumige Lagerstätten vermutet, Teufenbereich ca. 2.000 – 3.000 m, z.B. Lagerstätte „Guhlen“: vermutet bis zu 250 Millionen Barrel Öl, evtl. mit Erdgas, Volumen unbekannt.
5) Erlaubnisfeld Forst, mehrere kleinräumige Lagerstätten vermutet, Teufenbereich von ca. 1.200 – 1.700 m, Volumen unbekannt.
6) Erlaubnisfeld Kerkwitz-Guben, mehrere kleinräumige Lagerstätten vermutet, Teufenbereich von ca. 1.400 – 2.000 m, Volumen unbekannt.