Frag die Behörde

Es ist kaum zu glauben und trotzdem wahr: Auch im 3. Jahrtausend passiert es noch zuweilen, dass man als interessierter Bürger, selbst als Journalist von einer Bergbehörde zu hören bekommt: »Ihnen müssen wir gar nichts sagen.« So geschehen Anfang Januar 2013 bei meinem ersten Telefonat mit der Hamburgischen obersten Bergbehörde. Dort hatte ich am 14.12.2014 Antrag auf Einsicht in die Erlaubnisakte Vierlande beantragt. Mit der Erlaubnis Vierlande haben die Bergbehörden einem Tochterunternehmen von ExxonMobil die Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen (Erdöl/-gas) erlaubt. Ich wollte mit meiner Anfrage herausfinden, ob in Hamburgs Süden eventuell Fracking bevorstehen könnte. Für den Sachbearbeiter, den ich daraufhin an der Strippe hatte, war es anscheinend völlig neu, dass es Außenstehenden gestattet sein könnte, ins Innere seiner heiligen Akten zu schauen und ihnen Umweltinformationen zu entnehmen.

Jeder hat ein Recht auf Umweltinformationen

Jeder Bürger hat einen gesetzlich verbrieften Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen. Geregelt ist das zunächst in § 3 Abs. 1 Umweltinformationsgesetz (UIG); die meisten Bundesländer haben darüber hinaus eigene Informationsgesetze, die zusätzliche Regelungen enthalten können.

§ 3 Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen
(1) Jede Person hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Absatz 1 verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Daneben bleiben andere Ansprüche auf Zugang zu Informationen unberührt.

Aufgrund des genannten Paragraphen kann also jeder z. B. von einer Bergbehörde die Herausgabe von Daten und Informationen verlangen. Die Behörde hat diese Informationen zu geben, sofern dem nichts entgegensteht (z. B. datenschutzrechtliche Belange). Es ist nicht erforderlich, seine Anfrage zu begründen. Aufpassen sollte man bei den Gebühren, die eine UIG-Anfrage kosten kann. Bis zu 500 Euro können pro Anfrage anfallen, daher empfiehlt es sich, die Kostenfrage zu gegebener Zeit mit der angefragten Behörde zu klären.

Wie gesagt, einigen Behörden ist noch nicht so recht klar, dass sie zur Auskunft verpflichtet sind. Sie tun sich dann schwer, überhaupt auf Fragen zu antworten und dies auch noch, bevor alle alt und grau geworden sind. Deswegen ist es nicht schlecht, auch den Absatz 3 des o. a. UIG-Paragraphen in petto zu haben:

(3) Soweit ein Anspruch nach Absatz 1 besteht, sind die Umweltinformationen der antragstellenden Person unter Berücksichtigung etwaiger von ihr angegebener Zeitpunkte, spätestens jedoch mit Ablauf der Frist nach Satz 2 Nummer 1 oder Nummer 2 zugänglich zu machen. Die Frist beginnt mit Eingang des Antrags bei der informationspflichtigen Stelle, die über die Informationen verfügt, und endet
1. mit Ablauf eines Monats oder
2. soweit Umweltinformationen derart umfangreich und komplex sind, dass die in Nummer 1 genannte Frist nicht eingehalten werden kann, mit Ablauf von zwei Monaten.

Geheimhaltungsbedürftige Informationen

Selbstverständlich gibt es Informationen, die geheimzuhalten sind – klare Regelungen enthält z. B. das Bundesdatenschutzgesetz. Schwierig wird es bei sog. Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (BuG). Für BuG gibt es keine Legaldefinition, daher fällt es auskunftspflichtigen Behörden mitunter nicht leicht, wirklich alle herauszugebenen Informationen zu erkennen.

Sehr häufig haben Bergbehörden in der Vergangenheit erfragte Informationen zurückgehalten und tun dies weiterhin – mit der Begründung, es handele sich dabei um »geheimhaltungsbedürftige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse«.

Die oben erwähnte Erlaubnisakte Vierlande kam in ihrer ersten Version mit derart massiven Schwärzungen, dass ich mich beim Hamburgischen Datenschutz- und Informationsbeauftragten (HmbBfDI) erkundigt habe, ob solche umfangreiche Schwärzung tatsächlich rechtens seien. Der HmbBfDI merkt nach einer sehr umfangreichen juristischen Begutachtung des Falls an:

Die begehrten Informationen über die Aufsuchung von Bodenschätzen im Gebiet der Freien- und Hansestadt Hamburg berühren öffentliche Belange von besonders hohem Gewicht. Dies ist insbesondere deshalb der Fall, weil es sich um ein Aufsuchungsvorhaben handelt, dessen Ergebnisse darüber Aufschluss bieten können, ob die Gewinnung von Bodenschätzen mittels Hydraulic Fracturing (sog. Fracking) im Genehmigungsgebiet in Frage kommt. Durch derartige Fördermaßnahmen können Belange des Natur-, Grundwasser- und Siedlungsschutzes betroffen werden. Dies erkennt auch der Senat in seiner Antwort auf eine schriftliche kleine Anfrage an (Bürgerschafts-Drs. 20/7714). Inwieweit Hydraulic Fracturing diese Belange tatsächlich beeinträchtigen kann, ist eine in der Öffentlichkeit umstrittene Frage, zu der momentan ein politischer Meinungs- und Willensbildungsprozess stattfindet. Insoweit betrifft der Zugang zu diesbezüglichen Information auch über privatwirtschaftliche Tätigkeit auch einen – in der Demokratie – für die politische Willensbildung gewichtigen Bereich. Das bergrechtliche Genehmigungsverfahren ist deshalb ein Vorgang, der sich grundsätzlich unter den Augen der Öffentlichkeit zu vollziehen hat. Dies muss gerade angesichts des derzeit stattfindenden öffentlichen Meinungsbildungsprozesses auch Vorerkundungen und Aufsuchungen umfassen.
Quelle: Bescheid HmbBfDI – Az.: D31 / 2013 / 25-IFG v. 3.6.13

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Die UIGs gehören zu den Informationsfreiheitsgesetzen. Insofern gibt es hier (Link zu abgeordnetenwatch) und hier (Link zu Fragdenstaat) viele weitere, wertvolle Infos und Tipps.

Und immer dran denken: Wer vom Staat und seinen Behörden Information abfordert, ist kein Bittsteller. Die Staatsbediensteten sind die Angestellten der Bürger. Schließlich zahlen wir Steuerzahler den oft gar nicht so mickrigen Sold dieser Damen und Herren.

Zu Tage Gefördertes aus dem Untergrund, den Behörden und der Politik