Habeck: „Fracking ist (k)eine sterbende Technologie“

Dr. Patrick Breyer, Fraktionsvorsitzender Piratenpartei, begründete die Gesetzesänderung im Kieler Landtagsplenum
Dr. Patrick Breyer, Fraktionsvorsitzender Piratenpartei, begründete die Gesetzesänderung im Kieler Landtagsplenum
„Fracking ist eine sterbende Technologie“, so leitete Energiewendeminister Dr. Robert Habeck heute Vormittag seine kurze Rede im Kieler Landtag ein. Zur Debatte stand der Änderungsentwurf der Piratenpartei für das Landeswassergesetz, mit dem Fracking in Schleswig-Holstein faktisch ein Riegel vorgeschoben werden soll.

In der Debatte beteuerten Redner aller Fraktionen mehr oder weniger deutlich, dass sie Fracking ablehnen. Man müsse aber aufpassen, dass mit einer geänderten Gesetzgebung die Ölförderung in der Mittelplate nicht torpediert werde, gab Heiner Rickers, CDU, zu bedenken. Olaf Schulze, SPD, mochte nicht bestätigen, dass Fracking auch ohne toxische Substanzen pauschal abzulehnen ist. Minister Habeck hielt die derzeitig geltenden allgemeinen Versagungsgründe im geltenden Landeswassergesetz für ausreichend und meinte, die seien umfassender als das, was die Piraten vorschlagen.

Der Gesetzentwurf wurde vom Plenum in den Ausschuss überwiesen. Die Landesregierung nahm die Debatte auch zum Anlass, über progressive Aktionen ihrerseits zu informieren. So hat Minister Habeck am 19. Februar an seine Landeskollegen, alle Landeswirtschaftsminister (mit Ausnahme derer in Baden-Württemberg, Berlin, Hessen und Thüringen), die Bundesumweltministerin und den Bundeswirtschaftminister geschrieben und um Unterstützung bei einer Novelle des Bundesberggesetzes geworben.

In dem 14-Punkte-Papier sucht man ein klares Verbot von Fracking zur Aufsuchung und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen allerdings vergeblich. Dort schreibt Habeck nämlich klar und deutlich, dass Fracking ohne „umwelttoxische“ Chemikalien und nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung grundsätzlich erlaubt sein soll:

7. Einführung eines Fracking-Verbotes zur Förderung von
Kohlenwasserstoffen in unkonventionellen Lagerstätten unter Einsatz
toxischer Frackfluide

und

14. Einführung einer obligatorischen UVP-Pflicht für Fracking-Vorhaben
Novellierung der UVP-V-Bergbau, Einführung einer obligatorischen
UVP-Pflicht um sicherzustellen, dass sämtliche Belange des
Umweltschutzes Berücksichtigung finden.

Ob damit vielleicht das eingeschlafene Gesetzgebungsverfahren wieder erweckt werden soll, das die Herren Rösler und Altmaier vor genau einem Jahr aufgelegt hatten? Es sieht ganz so aus.

Heute morgen hat Ministerpräsident Torsten Albig in einem Schreiben an Patrick Breyer bestätigt, dass ein generelles Fracking-Verbot nicht vorgesehen ist. Albig wörtlich: „Im Hinblick auf die Fracking-Technologie wird der künftige Landesentwicklungsplan Aufsuchung und Gewinnung von Erdöl und Erdgas nur insoweit zulassen, wie sie keine schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt und insbesondere das Grundwasser verursachen.“

In Schleswig-Holstein sind 2013 insgesamt 12 Erlaubnisse bzw. Bewilligungen zur Aufsuchung bzw. Gewinnung von Öl und Gas erteilt worden. Es muss davon ausgegangen werden, dass hier auch sog. unkonventionelle Lagerstätten aufgesucht bzw. neu erschlossen werden. Für zwei Erlaubnisfelder ist dies bereits belegt: Ostrohe und Elmshorn. Dort sollen unter anderem auch Gesteine untersucht werden, die den Bodenschatz nur freigeben, wenn sie zuvor aufgeknackt wurden — z.B. mit Fracking.
Wie die Abgeordnete Angelika Beer, Piratenpartei, heute in der Kieler Plenardebatte verriet, sind zwei weitere Erlaubnis- und ein weiterer Bewilligungsantrag für Schleswig-Holsteinisches Gebiet derzeit im Zulassungsverfahren.
Nachtrag: Wie inzwischen zu erfahren war, betreffen diese drei Anträge
– ein Gebiet im Kreis Rendsburg/Eckernförde (Aufsuchungsantrag)
– ein Gebiet im Kreis Segeberg (Aufsuchungsantrag)
– ein Gebiet im Kreis Rendsburg/Eckernförde (Bewilligungsantrag)
Details, z. B. die Grenzen und Größen der beantragten Felder, hält der zuständige Umweltminister aber weiterhin vor der Öffentlichkeit geheim. Die betroffenen Gemeinden sollen über die Ämter beteiligt und Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen. Zu wünschen bleibt, dass die verfahrensführende Behörde — das seit 29.11.2013 zuständige LBEG — diese Stellungnahmen auch angemessen berücksichtigt, bevor den Antragstellern die Bescheide ausgestellt werden.

Protokoll der Plenarsitzung (PDF)

CEP redet um den heißen Brei: Fracking Big Barth

Bohrturm der Erkundungsbohrung Barth 11 (Foto: CEP 2011)
Bohrturm der Erkundungsbohrung Barth 11 (Foto: CEP 2011)
CEP sagt: „Die horizontale Strecke der Barth 11 Bohrung soll durch 10 Stimulationen an das Speichergestein angeschlossen und dann getestet werden“
CEP sagt: „Das ist kein Schiefergasfracking“

 

Mit wohlgeformten Worten, schönen Bildern und verheißungsvollen Zahlen hat das Ölförderunternehmen CEP unlängst das geplante Projekt „Barth 11“ der Öffentlichkeit präsentiert. Auf Einladung der Grünen informierte CEPs deutscher Geschäftsführer Dr. Thomas Schröter Ende Januar in Ribnitz-Damgarten rund 100 Interessierte über die geplante Ölförderung am Saaler Bodden.

2011 ist hier, nur wenige hundert Meter nördlich der Ortschaft Saal, eine Produktionsbohrung von 3863 Metern Länge niedergebracht worden — ca. 2700 Meter in die Tiefe und dort gut 1 Kilometer waagerecht (horizontal) abgelenkt. Mit dieser Bohrung soll bald ein Fördertest stattfinden, um die Ergiebigkeit der Lagerstätte zu testen.

Zunächst hatte es geheißen, die geplante Fördermethode habe nichts mit dem gefürchteten Fracking zu tun. Gemeint war damit das Fracking in Schiefergestein. Die Lagerstätte Barth besteht nicht aus Schiefer, sondern aus Staßfurtkarbonat im Zechstein. Aber auch dieses Gestein ist sehr hart und gibt das in ihm lagernde Öl nicht ohne Weiteres, sondern erst dann frei, wenn Risse im Gestein entstanden sind, also gefrackt wurde.

1500 Tonnen „Stimulationsflüssigkeit“ in einer einzigen Testförderbohrung
Wie Schröter in Ribnitz-Damgarten offenbarte, soll die Bohrung Barth 11 für diesen Test auf der horizontalen Strecke insgesamt 10 Mal „hydraulisch stimuliert“ werden, mit jeweils bis zu rund 150 Kubikmetern „Stimulationsflüssigkeit“. Die Risse, die damit im Gestein erzeugt werden sollen, sollen entsprechend der Modellberechnungen 70 Meter weit von der Bohrung ins Gestein reichen, sowohl horizontal als auch vertikal.

Hierin wird deutlich, dass „hydraulische Stimulierung“ nichts weiter als ein anderes Wort für „Fracking“ ist. Doch das verschweigt das Unternehmen tunlichst. Lieber versteckt man das Verfahren hinter dem sperrigen Begriff „Anschließen der Bohrung an die Lagerstätte“.

Fracking (syn. hydraulisches Frakturieren; syn. hydraulische Stimulation) definiert sich über das Einpressen eines hydraulischen Mediums in eine Bohrung zur Erzeugung von Rissen im Gestein. Dieses ist vom Betreiber CEP für die Lagerstätte Barth ausdrücklich beabsichtigt. Die Rahmenbedingungen hinsichtlich Lage des Vorkommens, den vorgesehenen Einpressvolumina und den modellierten Risslängen sind dabei in etwa mit der Förderung von Tightgas-Vorkommen in Niedersachsen vergleichbar, wo seit 2011 ein faktischer Zulassungsstopp der Frac-Behandlungen besteht.

Barth11_Frac_Additiv_CleanStimÜber 7 Tonnen Chemikalien für eine einzige Produktionsbohrung
Dass viele Bürger besorgt sind und das Vorhaben nicht kritiklos hinnehmen, zeigte sich in Ribnitz-Damgarten. In der Diskussion nach seinem Vortrag bemühte sich Schröter laut einem Bericht von Gudrun Kaspareit, klar zu machen: „Nein, Fracking würde nicht stattfinden, dies hier wäre konventionelle Ölförderung und die Flüssigkeiten, die zur „Stimulation“ benutzt würden, könne man sogar trinken.“

Die Rezeptur, die in Barth 11 zum Einsatz kommen soll, heißt CleanStim®. Sie soll ausschließlich aus Stoffe komponiert sein, die u. a. in der Nahrungsmittelindustrie verwendet werden. Zwar gibt das herstellende Unternehmen Halliburton an, dass CleanStim-Frac-Fluid nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt sei, dennoch ließen sich Halliburton-Top-Manager dabei beobachten, wie sie dieses Frac-Fluid tranken. Das Produkt enthält Gelbildner, Quervernetzer, ein Tensid und mit dem Brecher Hemicellulase z. B. einen Stoff, der allergisches Asthma auslösen kann.

Mengenangaben („Konzentrationen“) CEP Testbohrung Barth 11; vorgesehen 10 Fracs à 150.000 l Frac-Fluid
Rezeptur CleanStim(R)

Bezeichnung des Stoffes

% Anteil am Gesamt

pro Frac (kg)*

10 Fracs (kg)*

Natrium-Carboxymethyl-Cellulose (E466)
wird als Waschmittelzusatz, Bindemittel, Verdicker, Papierleimungsmittel, Schutzkolloid, Bohrhilfsmittel bei Erdölbohrungen eingesetzt. In der EU als Lebensmittelzusatzstoff der Nummer E 466 zugelassen und verbessert die Konsistenz bei vielen Lebensmitteln, etwa bei Speiseeis (Reduktion der Eiskristallbildung), Mayonnaisen, Saucen, Fruchtmassen, Gelee.

0,35

525

5250

Schwefelsäure (E513)
Kommt in den Lebensmitteln in so geringen Mengen vor, dass sie als unbedenklich eingestuft wird. In höheren Konzentrationen wirkt die starke Säure ätzend.

0,02

30

300

Aluminiumsulfat (E520)
Verbindungen mit Aluminium stehen im Verdacht ursächlich mit der Entstehung der Alzheimer Krankheit zu stehen. Niereninsuffizienzen reduzieren die Ausscheidung von Aluminium.

0,05

75

750

Zitrusextrakt

0,01

15

150

Isopropanol
Narkotisch, toxisch, haut- und schleimhautreizend

0,01

15

150

Hemicellulase (Enzyme)
steht im Verdacht, allergisches Asthma auszulösen

0,001

1,5

15

Zitronensäuretriethylesther (E330)

0,05

75

759

Gesamt

0,491

736,5

7365

* Abweichungen können sich ergeben, da Anteile am Gesamt in „Konzentration in %“ angegeben wurden

Über die Sondermüllentsorgung lieber nicht sprechen
Bei der Öl- und Gasförderung fällt regelmäßig flüssiger Sondermüll in Form von Lagerstättenwasser an. Das Wasser aus dem tiefen Untergrund enthält in variierenden Mengen u. a. Kohlenwasserstoffe (BTEX), Schwermetalle und radioaktive Stoffe. Der erste Fördertest im Jahr 2011 habe ergeben, dass die Lagerstätte in Barth wasserfrei sei, sagte CEP-Pressesprecher Müller auf Nachfrage.

Allerdings hat das Objekt der Begierde, die Erdöl-Lagerstätte im Staßfurtkarbonat, lt. LBEG [PDF] eine Mächtigkeit von nur ca. 20 Metern. Bei den avisierten Risslängen werden die darüber und darunter liegenden Schichten des Zechstein und des Rotliegend mitgefrackt und es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die ebenfalls „wasserfrei“ sind.

Außerdem fließt nach aufgenommener Förderung erfahrungsgemäß ein Teil des eingepressten Frac-Fluids zurück an die Oberfläche (Flowback) und dürfte, trotz seiner angeblich harmlosen Additive, kaum geeignet sein, bedenkenlos in den nächsten Gulli abgeleitet zu werden. Das Flowback solle gesammelt und über genehmigte, lizensierte Entsorgungswege/Deponien entsorgt werden, sagte der Pressesprecher. Angaben über eine mögliche Behandlung von Lagerstättenwasser machte er nicht.

Sweet spot Big Barth: Bei Fündigkeit systematische Ausbeutung

Existiert noch nur als Plan: Mögliche Erschließung der angenommenen Erdöl-Lagerstätte "Big Barth" (ungefähre Darstellung)
Existiert noch nur als Plan: Mögliche Erschließung der angenommenen Erdöl-Lagerstätte „Big Barth“ (ungefähre Darstellung)
Wenn die Testförderung wie beantragt von der Bergbehörde in Stralsund zugelassen wird, dann wird nicht nur zum ersten Mal in Mecklenburg-Vorpommerns in einer neuen Dimension gefrackt. Dann soll auch, eine sprudelnde Öl-Quelle vorausgesetzt, der Flecken zwischen Saal und Barth systematisch und flächendeckend unterirdisch aufgebrochen werden.

Sechs weitere Betriebsplätze sollen dann die idyllische Landschaft bereichern und ca. 17 horizontal abgelenkte Bohrungen den Untergrund durchlöchern. Die entsprechende Karte, die Schröter in Ribnitz-Damgarten öffentlich zeigte, sprach sogar von 28 Horizontalbohrungen und ist nebenstehend nachempfunden. Zu der lieblichen Landluft könnte sich schon bald der Duft der großen, weiten Ölproduktion, ins Rauschen der Wälder schon bald das Wummern der Pumpen mischen.

Die Ölbarone in Kanada und ihre deutschen Helfer werden sich die Hände reiben, während das Land vielleicht entdeckt, dass die erhofften Förderzinsen zwar fließen, aber nicht ins Staatssäckel, sondern zurück in die Taschen der Unternehmen — als Feldesbehandlungskosten.

Politische Bildungsstunde

Am 27. Februar 2014, ab 9 Uhr, werden die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses des Landtags Mecklenburg-Vorpommern 10 Anhörungspersonen, Fachleute zum Thema Fracking in einer öffentlichen Expertenanhörung befragen, sich Wissen über diese neuartige Technik aneignen und sich eine Meinung bilden. Spätestens dann muss ihnen klar werden, dass es originäres und massives Fracking ist, was CEP am Ostseerand plant. Und sie werden, so hoffen die vielen Fracking-Gegner im Land, alles daran setzen, dem groben Unfug Fracking einen Riegel vorzuschieben.

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Schriftliches Interview mit Jens D. Müller, Pressesprecher CEP GmbH, 11.02.2014

1. Ist es richtig, dass die Bohrung Barth 11 in rund 2600 m Teufe auf rund 1000 m horizontal abgelenkt ist und auf dieser Horizontalstrecke 10 Stimulationsmaßnahmen mit jeweils 100 m³ Stimulationsflüssigkeit an den Zielhorizont angeschlossen werden soll? Wenn nein, wie ist die Bohrung dann beschaffen und wie soll die Bohrung angeschlossen werden (bitte mit vergleichbarem Detailgrad beantworten)?

JDM: Teufe ca. 2700 m, jeweils bis zu 150 m³ wie in benachbarten Feldern in der Vergangenheit eingesetzt

2. Ist es richtig, dass die angestrebten Risslängen ca. 160 m horizontal und ca. 90 m vertikal betragen? Wenn nein, welche Risslängen sind stattdessen intendiert (bitte mit vergleichbarem Detailgrad beantworten)?

JDM: Aktuelle Simulierungen gehen von einem Rissradius von 70 m horizontal und 70 m vertikal aus.

3. Bin ich richtig informiert, dass die Stimulationsflüssigkeit aus 99,5 % Wasser und Sand und zu 0,5 % aus Additiven bestehen soll, die ausschließlich aus der Lebensmittelindustrie stammen sollen? Wenn ja, welche Stoffe sind dies im Einzelnen, in welchen Quantitäten (pro Stimulation) und in welchen Konzentrationen sollen sie eingesetzt werden? Wenn nein, mit welchen Zusätzen, in welchen Konzentrationen und Quantitäten, soll stimuliert werden?

JDM: Nicht wassergefährdende Stimulierungsflüssigkeit

4. Wann soll planmäßig die Testförderung in Barth 11 beginnen und wann soll sie enden?

JDM: Testarbeitsprogramm einschließlich Vorbereitungen ungefähr 3 Monate im Frühjahr, Stimulierung selbst ca. 1 Tag, Dauer der Förder- und Einschlussphasen abhängig von Testergebnissen

5. Stimmt es, dass CEP bei einer festgestellten, wirtschaftlichen Förderbarkeit aus dieser Lagerstätte bis zu 7 weitere Betriebsplätze mit bis zu 35 Bohrungen plant, die jeweils bis zu 3000 m horizontal abgelenkt werden und eine Fläche von rund 25 km² erschließen sollen? Wenn nicht, wie und in welchem Ausmaß soll die Lagerstätte erschlossen werden?

JDM: Das mehrfach vorgestellte, beispielhafte Entwicklungskonzept geht derzeit von 7 Bohrplätzen mit rund 17 Bohrungen aus. Weitere Planungen sind abhängig von der Bewertung der Struktur.

6. Für den Fall, dass die Förderung von Erdöl und Begleitgas in und um Barth erfolgreich durchgeführt werden kann:
a) Welche infrastrukturellen Maßnahmen planen Sie für Aufbereitung und Transport der gewonnenen Bodenschätze?
b) Welche Planung gibt es für Aufbereitung bzw. Entsorgung von anfallendem Flowback und von anfallendem Lagerstättenwasser?

JDM: Flowback: Sammeln und Entsorgen über genehmigte, lizensierte Entsorgungswege/Deponien
– Bisherige Ergebnisse zeigen wasserfreie Lagerstätte, weitere Erkenntnisse durch Test

7. Laut Bloomberg (Juni 2013; unter Berufung auf CEP-Berechnungen) wären bis zu 1/2 Milliarde Euro Fördereinnahmen (best case scenario) für das Land Mecklenburg-Vorpommern aus diesem Feld zu erwarten. Stimmt diese Darstellung und trifft sie heute noch zu oder haben sich Änderungen ergeben? Wenn ja, welche und warum?

JDM: – Bloomberg-Zahlen beruhen auf deren eigenen Kalkulationen
– Konservativer Ausbringungsfaktor von 15 % führt bei 10 % Förderabgabe und damals getroffenen Ölpreisannahmen zu derzeit geschätzten 340 Mio. Förderabgabe über 25 Jahre für die Saal/Barth-Struktur
– Weitere Vertiefung durch weitere Aufsuchungsarbeiten

8. Abschließend eine Frage zur Akzeptanz durch die Bevölkerung vor Ort: Sehen Sie die Akzeptanz für Ihr Vorhaben in Barth als überwiegend gut, als überwiegend schlecht oder als derzeit nicht einschätzbar an? Und rechnen Sie in den kommenden zwei Jahren mit einer Entwicklung in eine eher positive oder eher negative Richtung? Welche Faktoren sehen Sie als Motor für eine Entwicklung in die eine oder andere Richtung an? Ggf.: Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um die Akzeptanz in der
Bevölkerung zu verbessern?

JDM: Akzeptanz basiert auf Wissen und Dialog (u.a. bis Ende Januar 2014 in Mecklenburg-Vorpommern rund 100 Informationsveranstaltungen mit ca. 1500 Gästen sowie 238 Führungen bei Seismikarbeiten und Bohrungen mit 2175 Besuchern)

Ihrer raschen Antwort sehe ich entgegen und bedanke mich im Voraus
dafür. Wenn Sie mir freies Bildmaterial, das ich ggf. in einem Artikel
über die neue Förderung von Erdöl und Begleitgas in Vorpommern verwenden
möchte, zur Verfügung stellen können, sage ich auch dafür schon einmal
Danke.

JDM: Auf der Website finden Sie Bildmaterial von Seismik und Bohrungen

Mit freundlichen Grüßen

Carin Schomann
Freie Journalistin, Hamburg

Von Fracking sollte nicht die Rede sein

Aufsuchungsantrag Ostrohe
Der Aufsuchungsantrag Ostrohe spricht eindeutig von Fracking
Erste von 11 angefragten Lizenzakten in S-H öffentlich geworden Aufsuchungsantrag spricht von Fracking, ohne das Wort auszusprechen

 

Außer den Profiteuren und ihren Handlangern will es niemand, das Fracking. Jedenfalls die nicht, die noch ganz bei Trost sind und die Lebensgrundlagen Wasser, Luft und Boden vor intolerablen Gefahren schützen wollen. Auch Robert Habeck, studierter Philosoph, Buchautor, Grüner und Energiewendeminister in Kiel, sagt, er will es nicht, das Fracking. Trotzdem sind unter seinen Augen, in der Verantwortung seiner Behörde, in den vergangenen Monaten so viele Öl- und Gas-Such- und -Bohrlizenzen erteilt worden wie schon lange nicht mehr; siehe hier und da, aber auch dort.
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REACH out, stop it: Unzulässige Frac-Chemikalien im Einsatz

Ein Feldlabor zum Austesten von Frac-Rezepturen.
Ein Feldlabor zum Austesten von Frac-Rezepturen.
Offenbar verstoßen Unternehmen gegen Recht und Gesetz, wenn sie Fracking mit nicht zugelassenen Substanzen durchführen. Dies stellt jetzt noch einmal die aktuelle Ausgabe der WATERKANT klar (L. Waldmann: Keine Entwarnung für den Untergrund):

Auf einem Hearing des Niedersächsischen Umweltministeriums im Oktober 2013 mit Bürgerinitiativen, der Erdgasindustrie und Behörden zu möglichen Umweltverträglichkeitsprüfungen in Fracking-Verfahren gab es auch einen Kurzvortrag des zuständigen Chemikalienreferenten im Niedersächsischen Umweltministerium, Michael Braedt. Der machte deutlich, dass der Einsatz der bisherigen Fracking-Chemikalien nicht im Einklang mit der europäischen REACH-Verordnung stehe, die seit 2007 europaweite Gültigkeit besitzt. Danach müssen sich Chemikalien vor ihrem Einsatz einer REACH-Registrierung unterziehen, die aber erst nach Vorlage diverser Untersuchungsergebnisse bezüglich Gesundheits- und Umweltfolgen erteilt wird und dann auf definierte Anwendungsbereiche beschränkt ist. Die bisher in den unterschiedlichen Fracking-Projekten eingesetzten Chemikalien erfüllen diese europäischen Vorgaben nicht.

Neu ist diese Erkenntnis nicht. Bereits 2011 warnte EU-Kommissionsmitglied Karl Falkenberg laut ENDS:

None of the chemicals used to hydraulically fracture rocks for shale gas extraction are registered substances are being used.
Volltext hier

Die Industrie (zumindest Cuadrilla) gab sich damals naiv:

We’d heard nothing at all about this, and we’re looking into it…

bzw. jammerte über Zeit- und Kostenaufwand, die die REACH-Verordnung für sie bedeutet, und forderte eine Lockerung der strengen Regeln.

Seitdem haben zwei Arbeitsgruppen sowie Braedt exemplarisch REACH-Dossiers von Fracking-spezifischen Stoffen analysiert. Die Sonderforschungsgruppe Instutitionsanalyse Darmstadt/Göttingen untersuchte in der SOFIA-Studie (März 2012) 11 Fracking-spezifische Stoffe (Bohrung in Damme); das Joint Research Centre (JRC)#, Ispra für die EU-Kommission (DG Environment; Sept 2013) 16 Fracking-spezifische Stoffe und Braedt 14 Fracking-spezifische Stoffe, die der Stoffliste für die Frac-Fluids (Fa. Wintershall) der Bohrung Düste Z10 bei Barnstorf in der ECHA-Datenbank.

Alle kommen zu dem Ergebnis, dass viele der untersuchten Stoffe zwar zumeist bei REACH vorregistriert sind, aber nicht alle sind registriert und keiner der betrachteten Stoffe konnte die erforderliche Zulassung für den sog. intended use, also den Einsatz beim Fracking vorweisen.

Es ist gesetzlich verboten, nicht dafür zugelassene Stoffe beim Fracking einzusetzen. Daher (Grundsatz der „Einheit der Rechtsordnung“) dürfen die Behörden keine Fracking-Projekte zulassen, die nicht im Einklang mit den Vorgaben des Stoffrechts stehen. Ob und wie in der Vergangenheit mit unzulässigen Stoffen durchgeführte Frac-Projekte geahndet werden, blieb auf dem Oktober-Hearing im Hannöverschen Umweltministerium offen.

Die jüngsten Opfer des Fracking: Babys

MashUp Neugeborenes/Fracking-Platz
Kinder im Mutterleib sind extrem empfindlich gegen Umweltgifte
Neugeborene in der Nähe von Frac-Bohrungen in Pennsylvania haben doppelt so häufig ein zu geringes Geburtsgewicht und einen schlechteren APGAR-Score als ihre Altersgenossen weiter weg von Frac-Bohrungen. Dies berichteten gestern Janet Currie (Princeton University), Katherine Meckel (Columbia University) und John Deutch und Michael Greenstone (Massachusetts Institute of Technology) , anlässlich des Jahrestreffens der American Economic Association.

Die Energieindustrie hat lange behauptet, dass Fracking sicher sei für die Menschen, die in der direkten Nachbarschaft der Bohrungen leben. Das ist nicht wahr, wie die noch nicht veröffentlichte Studie der o.g. Forscher jetzt zeigt — jedenfalls nicht, was die empfindlichsten Menschen von allen, die Ungeborenen, anbelangt.

In ihrer Studie analysierten die Forscher die Geburtsakten von Kindern in Pennsylvania, die in den Jahren 2004 bis 2011 im Umkreis von 2,5 Kilometern von Frac-Bohrungen lebten. Die jüngsten Opfer des Fracking: Babys weiterlesen

Oben pfui, unten pfui: Sondermüll in alte Bohrlöcher verklappen

Bohrlochskopf der Verpressbohrung Wittorf Z1 auf nicht-versiegeltem Boden.
Bohrlochskopf der Verpressbohrung Wittorf Z1 auf nicht-versiegeltem Boden.
Endlich kommt die unterirdische Sondermüllverklappung der Öl- und Gasbohrindustrie auf den Tisch! Der Arbeitskreis des Landkreises Rotenburg/Wümme hat am 11.12.2013 zum zweiten Mal getagt und laut einem Bericht in der Rotenburger Rundschau am nächsten Tag kam Ungeheuerliches ans Licht:
»Aus unserer Sicht ist die aktuelle Variante sicher und wäre nach wie vor die beste Lösung, weil man nicht so tief bohren muss und keine weiten Anfahrtswege hat.«, habe Dr. Nicolai Delling von RWE Dea in der Sitzung gesagt. Übersetzt heißt das, die Industrie hat bisher die billigste Variante der Entsorgung praktiziert, ohne sich einen Deut darum zu kümmern, welche Folgen akut und langfristig auftreten könnten und welchen Gefahren sie die Wasserversorgung der Bevölkerung aussetzen. Oben pfui, unten pfui: Sondermüll in alte Bohrlöcher verklappen weiterlesen

Immer weiter bohren: Gettorf, Sterup, Elmshorn, Warnau (SH)

Kraft seines Amtes hat Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Dr. Robert Habeck das bisher nicht zuständige Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, das LBEG ab 29.11.2013 erstmals zuständig gemacht, für S-H Lizenzen für Öl-/Gassuche und -förderung zu auszuteilen. Immer weiter bohren: Gettorf, Sterup, Elmshorn, Warnau (SH) weiterlesen

Geheime Fördermethode in Barth geplant (MV)

Das ist der Betriebsplatz der CEP östlich von Neuendorf auf Usedom, direkt am Deich
Das ist der Betriebsplatz der CEP östlich von Neuendorf auf Usedom, direkt am Deich
Wie die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern vorgestern (5.12.2013) mitteilte, hat das kanadische Unternehmen Central European Petroleum (CEP) einen Sonderbetriebsplan für eine Erkundungsbohrung bei Barth eingereicht

Damit will CEP die Erkundung der vermuteten Lagerstätte bei Saal/Barth voranbringen und weitere Untersuchungen an der Bohrung Barth 11/2011 vornehmen. Das Ziel ist die „Prüfung der Gewinnbarkeit von Erdöl“. Konkret beantragt hat das Unternehmen „in einer Tiefe von etwa 2700 Metern eine Maßnahme zur Erhöhung der Durchlässigkeit des 20 Meter mächtigen Zielhorizonts (Zechsteinkarbonat) mit einer sich anschließenden Testförderung.“

Das Umweltbundesamt ordnet Zechsteinkarbonat den Speichergesteinen zu, die „tight“ sind. Das bedeutet, sie geben die in ihnen vorhandenen Kohlenwasserstoffe nur frei, wenn sie durchlässig gemacht werden, im Klartext: gefrackt werden. Die BGR bezeichnet Lagerstätten im Zechsteinkarbonat deshalb als „unkonventionelle Lagerstätten“.

Noch Ende September war CEP-Geschäftsführer Thomas Schröter laut Nordkurier Befürchtungen entgegengetreten, wonach eventuell Fracking zum Einsatz kommen könnte.
Welche geheime Methode, wenn nicht Fracking, zum Einsatz kommen soll, um die Permeabilität dieser Lagerstätte zu erhöhen, war bisher nicht zu ergründen.

Karte Bergbauberechtigungen in Mecklenburg-Vorpommern (Stand: 2010)
Bergbauberechtigungen in Mecklenburg-Vorpommern (Quelle: Bergamt Stralsund; Stand: 2010)

CEP hält nach eigenen Angaben gegenwärtig insgesamt 14.800 Quadratkilometer Erlaubnisfelder entlang bekannter Erdöl- und Erdgasvorkommen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg.

CEP ist seit November 2011 Kooperationspartner der Ernst-Moritz-Universität Greifswald. Gemeinsam soll die geologische Entwicklung im Raum Vorpommern und im des deutschen Ostseebereichs erforscht werden.

Die örtliche Initiative „Lebensraum Vorpommern“ ruft zu einer Mahnwache am 15.12.2013 von 14 bis 16 Uhr an der Konzertmuschel Zinnowitz auf.

Die GroKo redet der Wirtschaft das Wort und will fracken

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und der SPD haben den Koalitionsvertrag vorgelegt, der die Grundlage der Regierungsarbeit in der kommenden Legislaturperiode darstellen soll. Natürlich vorausgesetzt, die SPD-Basis, die die große Hochzeit abnicken muss, erklärt sich einverstanden mit dem Plan.

Dem Fracking ist ein kleines Kapitel gewidmet worden, immerhin 25 von 8427 Zeilen — dass es überhaupt thematisiert wird, ist sicherlich das Verdienst der kritischen Bürgerinnen und Bürger, die seit gut 2 Jahren aktiv gegen die Einführung des hochgefährlichen Schiefergas-Fracking in der BRD kämpfen. Allerdings ist das, was die GroKo in spe da schreibt, mehr als bitter nach dem langen, harten Kampf. Das geforderte Fracking-Verbot ist nicht einmal in Konturen erkennbar. Ganz im Gegenteil soll Forschung betrieben werden, um Fracking „sicher“ zu machen. Zwar wird vollmundig behauptet: „Trinkwasser und Gesundheit haben für uns absoluten Vorrang.“ Allerdings wird nicht die Konsequenz aus diesem zu begrüßenden Satz gezogen: Fracking muss verboten werden — nur allzuoft hat sich schon gezeigt, dass Fracking die Umwelt zerstören, das Trinkwasser verpesten und die Menschen sehr krank machen kann.

Kein Moratorium, kein Verbot — dafür Fracking ein bisschen ohne Chemie
„Den Einsatz umwelttoxischer Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten lehnen wir ab.“ schreiben die Koalitionäre und wiederholen das, was der Bundesrat schon am 1. Februar 2013 und das Land Schleswig-Holstein am 26. April 2013 als Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag eingebracht haben.

Abgesehen davon, dass „umwelttoxisch“ zwar wie informiertes Politikerdeutsch klingt, es den Begriff in der Fachsprache aber nicht gibt, wird hier darüber hinweggetäuscht, dass mit dem Verzicht auf chemische Zusätze im Frac-Fluid die Gefahr von Umweltschäden durch chemische Substanzen noch lange nicht gebannt ist. Dass bei der Öl- und Gasförderung Lagerstättenwasser mitgefördert wird und dadurch ein hohes Kontaminationsrisiko an der Oberfläche besteht, ist geflissentlich ignoriert worden. Es besteht der Verdacht, dass die Damen und Herren am Verhandlungstisch nicht aufgepasst haben, was ihnen die Initiativen gegen Fracking mit auf den Weg gegeben haben, sondern dass sie wie so oft nur wieder die Industrielobby ins Vorzimmer ihres Denkapparates eingelassen haben — vielleicht, weil die die Haare schöner haben als die Ökos. Mit Vorteilnahme oder gar Bestechung hat dieses industriefreundliche Kapitel bestimmt nicht zu tun.

Der Besorgnisgrundsatz ist bekannt
„Über Anträge auf Genehmigung kann erst dann entschieden werden, wenn die nötige Datengrundlage zur Bewertung vorhanden ist und zweifelsfrei geklärt ist, dass eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu befürchten ist (Besorgnisgrundsatz des Wasserhaushaltsgesetzes).“, steht im Manifest der kommenden Regierung. Es fragt sich der kundige Leser allerdings, was es damit auf sich haben mag, dass einer solchen Selbstverständlichkeit, die seit Jahr und Tag Gültigkeit hat und ohne Frage schon die ganze Zeit zu beachten war, an dieser Stelle soviel Raum gegeben wird. Möchte unsere zukünftige Regierung uns damit vielleicht signalisieren, dass dieser Grundsatz, der die Basis unserer Existenz — das Wasser — betrifft, in der Vergangenheit nicht ganz so ernst genommen worden ist und jetzt aber! wirklich durchgesetzt werden soll? Möchte sie damit vielleicht gar in Aussicht stellen, dass die rechtlich fragwürdige Praxis der unterirdischen Sondermüllverklappung (s. u.) nun endlich auf ihre Zulässigkeit überprüft wird?

Logik im Zickzack — das Volk für dumm verkaufen?
Einerseits fehlen angeblich noch Erkenntnisse, bevor Fracking durchgeführt werden kann. Dasselbe Prinzip gilt den Politikern für das unterirdische Verklappen der giftigen Frac-Flüssigkeiten nach deren Gebrauch: „Auch die Entsorgung des Flowback aus Frack-Vorgängen mit Einsatz umwelttoxischer Chemikalien in Versenkbohrungen ist wegen fehlender Erkenntnisse über die damit verbundenen Risiken derzeit nicht verantwortbar.“

Für die Abermillionen Kubikmeter hochgiftigen Lagerstättenwassers, das bei der Öl- und Gasförderung ebenfalls anfällt, ist die unterirdische Sondermüllentsorgung demnach weiterhin zu gestatten? Was ist nun also mit dem Besorgnisgrundsatz (s. o.)? Auch hier, genau wie beim Flowback, „fehlen Erkenntnisse“, denn die Methode ist bei beiden Flüssigkeiten die Selbe: Man nehme ein altes Bohrloch und presse den Müll hinein. Es gibt technische Probleme und daher Kosten = Profitschmälerung bei der Flowback-Verpressung, aber die Risiken sind immer dieselben: Vergiftetes Grundwasser, vergiftete Böden, vergiftete Atemluft.

Vorhandenes Wissen wird negiert
In dem Koalitionspapier wird behauptet, es lägen noch nicht genügend Erkenntnisse vor, um eine Gefährdung des Wassers und der Umwelt sowie der Gesundheit von Mensch und Tier sicher ausschließen zu können. Damit werden die Erfahrungen von Millionen von Frac-Bohrungen weltweit, von Tausenden erkrankter Menschen und Tiere und von Hunderten, wenn nicht Tausenden teils verheerender Unfälle wegen des Fracking blank ignoriert.

Öffentlichkeitsbeteiligung? Fehlanzeige!
Die Regierung will, so sie denn zustandekommt, mit den Industrieunternehmen Verfahren „erarbeiten, welche konkreten Erkenntnisse die Erkundungen liefern müssen, um Wissensdefizite zu beseitigen und eine ausreichende Grundlage für mögliche nachfolgende Schritte zu schaffen.“ Die Länder und die Wissenschaft sollen dabei mitreden dürfen, nicht aber die Öffentlichkeit.

Bei dieser Festlegung könnte es sich um eine Lektion handeln, die Industrie und Politik in den vergangenen Monaten in der Diskussion um eine Muster-Umweltverträglichkeitsstudie für Frac-Bohrungen gemacht hat, an der fachkundige Öffentlichkeit (= Vertreter von Initiativen und Verbänden) teilgenommen hatte. Die Experten der Industrie und ihre Handlanger in den Ministerien und Behörden mussten feststellen, dass opportunistische und teilweise falsche Auslegung von Fakten keinen Bestand haben, wenn die informierte Öffentlichkeit ihnen auf die Finger schaut.

Rösmaiers Gesetzentwurf endlich umsetzen
Die neue Regierung will sofort aktiv werden und loslegen. Da liegt ja aus der alten Legislaturperiode noch der Gesetzentwurf von Wirtschaftsminister Philipp Rösler und Umweltminister Peter Altmaier, mit dem das Wasserhaushaltsgesetz „verschärft“ werden soll. Fracking soll in Wasserschutzgebieten ausgeschlossen werden. Dass damit das Fracking in ca. 86 % der Landesfläche faktisch erst erlaubt wird, wird schon wieder ignoriert. Außerdem soll die UVP-Richtlinie für den Bergbau endlich in die seit nunmehr drei Jahrzehnten erforderliche Form gebracht werden.

Alles in allem glänzt unsere neue Regierung schon jetzt, bevor sie überhaupt die Geschäfte aufgenommen hat, mit einer Industriefreundlichkeit und einer Volksferne, auf die die gerade abgewählte Schwarz-Gelbe Regierung stolz gewesen wäre.

Hier das Originalkapitel „Fracking“ aus dem Koalitionsvertrag (via tagesschau.de):

Fracking
Nach den vorliegenden Untersuchungen zur Umweltrelevanz ist der Einsatz der Fracking-Technologie bei der unkonventionellen Erdgasgewinnung – insbesondere bei der Schiefergasförderung – eine Technologie mit erheblichem Risikopotential. Die Auswirkungen auf Mensch, Natur und Umwelt sind wissenschaftlich noch nicht hinreichend geklärt. Trinkwasser und Gesundheit haben für uns absoluten Vorrang.

Den Einsatz umwelttoxischer Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten lehnen wir ab. Über Anträge auf Genehmigung kann erst dann entschieden werden, wenn die nötige Datengrundlage zur Bewertung vorhanden ist und zweifelsfrei geklärt ist, dass eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu befürchten ist (Besorgnisgrundsatz des Wasserhaushaltsgesetzes). Auch die Entsorgung des Flowback aus Frack-Vorgängen mit Einsatz umwelttoxischer Chemikalien in Versenkbohrungen ist wegen fehlender Erkenntnisse über die damit verbundenen Risiken derzeit nicht verantwortbar.

Die Koalition wird unter Einbeziehung der Länder und der Wissenschaft in einem gemeinsamen Prozess mit den Unternehmen erarbeiten, welche konkreten Erkenntnisse die Erkundungen liefern müssen, um Wissensdefizite zu beseitigen und eine ausreichende Grundlage für mögliche nachfolgende Schritte zu schaffen. Dies soll in einem transparenten Prozess erfolgen. Im Dialog mit allen Beteiligten sollen unter Federführung der Wissenschaft Forschungsergebnisse bewertet werden. Die Koalition wird kurzfristig Änderungen für einen besseren Schutz des Trinkwassers im Wasserhaushaltsgesetz sowie eine Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bergbaulicher Vorhaben vorlegen, die vor Zulassung von Maßnahmen zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten mittels Fracking eine obligatorische UVP und Öffentlichkeitsbeteiligung vorsieht.

Zu Tage Gefördertes aus dem Untergrund, den Behörden und der Politik