Bezkow, Brandenburg: Bayerngas plant Fracking nicht

Betriebsplatz Reudnitz Z2 am 15. August 2014
Betriebsplatz Reudnitz Z2 am 15. August 2014
Im letzten Monat hat Bayerngas nahe der Stadt Beeskow begonnen, die Aufsuchungsbohrung „Reudnitz Z2“ niederzubringen. Die ersten tausend Meter auf dem Weg nach unten hatten die Bohrköpfe am 15. August zurückgelegt. Ihr Ziel sind „Rotliegendsandsteine“ in 2700 Metern Tiefe. Teile der Bevölkerung sind unruhig, da das Unternehmen Fracking hier nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat – obwohl die geologischen Parameter der Zielformation „rein konventionellen Bedingungen“ entspricht, wie Unternehmenssprecherin Verena Schöttl aus der Konzernzentrale in München bekräftigte. Die örtliche Bürgerinitiative lädt zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung am 4. September ein, während Bayerngas aktuell eine weitere Seismik-Kampagne im Explorationsfeld Reudnitz vorbereitet.

Die Bohrung zwischen den idyllischen Hügeln der Gemarkung Krügersdorf bei Beeskow soll im Oktober 2014 fertiggestellt sein. Sie werde zunächst senkrecht in den Untergrund gebohrt, darüber hinaus habe Bayerngas die Option für eine horizontale Ablenkung zwecks Ermittlung geeigneter Förderraten; die Horizontalstrecke solle maximal 1000 Meter betragen, wie Schöttl weiter informierte. (Das vollständige Original-Interview mit Bayerngas findet man unter „Weiterlesen“ am Ende dieses Artikels.)

Primäre Erdgasförderung, ganz konventionell?

Info-Tafel an der Bohrung Reudnitz Z2
Info-Tafel an der Bohrung Reudnitz Z2
Close up Drilling Rig E202
Soll bis Oktober 14 mit der Bohrung fertig werden: Drilling Rig E202

Fracking ist offiziell nicht geplant, so war von Bayerngas zu erfahren. „Die mögliche künftige Förderung erfolgt durch Perforation des einzementierten Produktionsrohres unter Nutzung des natürlichen Formationsdruckes“, sagte Schöttl auf die Frage, mit welcher Methode die Bohrung an die Formation angeschlossen werden solle. Somit rechnet das Unternehmen offiziell mit der Möglichkeit einer Primärförderung. Bei dieser werden Öl oder Gas aus einer Lagerstätte rein durch die Nutzung des natürlichen Drucks in der Lagerstätte, der das Öl oder Gas an die Oberfläche presst, gefördert (Quelle dieser Definition: adx-energy.com). Gefragt, welche Porosität und welche Permeabilität Bayerngas in der Zielformation der Bohrung Reudnitz Z2 erwartet, sagte Schöttl, dass die Reservoirparameter in dieser Teufe und Region rein konventionellen Bedingungen entsprächen.

Vom östlichen Sandstein im Rotliegend erwartet das Unternehmen somit fundamental andere geologische Eigenschaften als der weiter im Westen, in Niedersachsen, gelegene sie aufweist. Dort ist dieser Sandstein die klassische Lagerstätte für sog. tight gas, die schon sehr oft gefrackt wurde (und den Bodenschatz dennoch nicht immer freigab). Zum Beispiel im Landkreis Rotenburg/Wümme, wie in Exxons Newsroom nachzulesen ist: „Aus dem Erdgasfeld Bötersen wird seit 1986 Erdgas aus dem sog. Rotliegend Sandstein gefördert.“
Im Erdgasfeld Bötersen wurde offiziell 16 Mal gefrackt.

Fachleute beschreiben Rotliegendsandsteine gemeinhin als „schlecht durchlässig“ (z. B. LBEG 2001, S. 4. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe klassifiziert Tight Gas) als nicht-konventionell. Ob die Rotliegendsandsteine im Osten der Republik tatsächlich Öl oder Gas deutlich williger freigeben als ihre Verwandten im Westen oder ob Bayerngas damit auch nur der in Mode gekommenen, politisch motivierten Umdefinition von tight gas-Lagerstätten konventionellen Lagerstätten folgt, bleibt dabei unklar.

Handelsware Öl-/Gaslizenzen

Erteilte Bergbauberechtigungen für die Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen im Land Brandenburg (Quelle: LBGR Cottbus)
Erteilte Bergbauberechtigungen für die Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen im Land Brandenburg (Quelle: LBGR Cottbus)
Im Juli 2012 hatte Bayerngas zunächst drei Viertel der Aufsuchungserlaubnis Reudnitz von der damaligen Inhaberin APC Gas GmbH übernommen, um sich im Januar 2013 auch das restliche Viertel zu holen. Parallel zur Herstellung der Bohrung Reudnitz Z2 (Kosten: ein siebenstelliger Betrag in Euro) hat Bayerngas aktuell einen Kontrakt zur Durchführung von seismischen Untersuchungen im Feld Reudnitz ausgeschrieben.

Mit dem Optimismus, dass mit dem Besitz von Lizenzen zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas Gewinn zu machen ist, steht Bayerngas im Südosten Brandenburgs nicht allein. Längst sind die Lausitz und der Spreewald komplett von Erlaubnisfeldern überzogen, Gebiete, die neben der Braunkohle und möglicherweise wirtschaftlich gewinnbaren Kohlenwasserstoffen auch Areale beinhalten, die die Bergbehörden in Cottbus und Clausthal-Zellerfeld als prospektive Einlagerungsstätten für abgeschiedenes und gepresstes Kohlendioxid – CCS – erachten.

Bürgerinitiative „CO2-Endlager stoppen – Umwelt schützen“ e.V. Beeskow informiert

Am 4. September 2014 findet um 19 Uhr in der Stadtbibliothek Beeskow (Mauerstraße 28) eine Info-Veranstaltung unter dem Motto „Erdgas sicher fördern!“ statt. „Bernd Ebeling, Diplomingenieur aus Uelzen (Niedersachsen) wird über langjährige Erfahrungen im Zusammenhang mit der Förderung von Erdgas in verschiedenen Regionen Deutschlands berichten“, erläutert Ute Lein von der Bürgerinitiative und ergänzt: „Um unterschiedliche Sichtweisen auf die Thematik zu ermöglichen, gehen Einladungen u. a. an die Bayerngas GmbH, an kommunale Vertreter, Vertreter der Evangelischen Kirche und ausgewählter Wasserverbände.“

Schriftliches Interview mit Bayerngas, beantwortet am 25.08.2014

Von: Verena Schöttl, Kommunikation & Marketing, Bayerngas GmbH, Poccistraße 9, 80336 München
An: Carin Schomann, Freie Journalistin

Ihre Presseanfrage vom 20.08.2014

  1. Ich habe gehört, dass die Bohrung am 14. August die 1000-Meter-Marke erreicht habe. Ist das richtig?
    Die 1000-Meter-Marke wurde am 15.08.2014 erreicht.
  2. Dem Vernehmen nach hat es davor ein unerwartetes Ereignis gegeben, bei dem das Bohrloch teilweise kollabiert sei. Stimmt das?
    Die Bohrung ist zu keinem Zeitpunkt kollabiert.
  3. Soll die Bohrung nur vertikal oder abgelenkt verlaufen? Wenn letzteres, wird auch horizontal gebohrt und wenn ja, über welche Strecke?
    Die Bohrung wird im ersten Schritt vertikal abgeteuft. Bayerngas hat die Option für eine horizontale Ablenkung zwecks Ermittlung geeigneter Förderraten. Die Horizontalstrecke soll maximal 1000 Meter betragen.
  4. Wann soll die Bohrung planmäßig vollständig niedergebracht sein?
    Oktober 2014
  5. In Ihren Pressemeldungen heißt es, dass Sie eine Lagerstätte in 2.700 m Teufe im Rotliegenden ansteuern. Welche gashöffige Gesteinsformation erwarten Sie dort im Rotliegenden?
    Rotliegendsandsteine
  6. Welche Porosität und welche Permeabilität erwarten Sie in der Zielformation?
    Die Reservoirparameter in dieser Teufe und Region entsprechen rein konventionellen Bedingungen.
  7. Wie hoch ist nach Ihren Kenntnissen oder Erwartungen der Wassergehalt der Zielformation?
    Die Tests in den früheren Bohrungen belegen, dass die gasführende Formation kein freies Wasser beinhaltet.
  8. Mit welcher Methode planen Sie die Bohrung ans Gebirge anzuschließen?
    Die mögliche künftige Förderung erfolgt durch Perforation des einzementierten Produktionsrohres unter Nutzung des natürlichen Formationsdruckes.
  9. Wann soll der Fördertest beginnen und wie lange soll er dauern?
    Die Entscheidung zur Durchführung des Fördertests erfolgt optional nach Erreichen der Endteufe.
  10. Wie planen Sie mit eventuell mitgefördertem Lagerstättenwasser zu verfahren?
    Förderung von Lagerstättenwasser fällt bei dieser Art von Gaslagerstätte in einer späten Produktionsphase an und führt zu einer Rückführung in den Lagerstättenhorizont und zur Einschließung der entsprechenden Einzelbohrungen.
  11. Wozu dient das Becken, das sich unmittelbar neben der Betonplatte auf dem Betriebsplatz befindet?
    Das Becken dient der Versickerung von Oberflächenwasser (bspw. Regenwasser) am Bohrplatz. Der Kernbereich mit der Bohranlage wird über einen Flüssigkeitsabscheider entwässert. Dies entspricht den gesetzlichen Vorgaben.