Schlammiges Erbe der Öl- und Gas-Industrie

Betriebsplatz Hemsbünde Z5
Gepflegt und ordentlich zeigt sich dieses Becken an der Bohrung Hemsbünde Z5 (gebohrt 1991)
»Mehrere hundert bis wenige tausend« Bohrschlammgruben habe die Öl- und Gasindustrie in Niedersachsen wohl hinterlassen. Das meint die aufsichtlich zuständige Bergbehörde LBEG (Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie). Wieviele genau es sind, weiß das LBEG aber noch nicht. Offenbar hat es kein laufendes Kataster angelegt und hat keinen Überblick über die entsprechenden Altlasten.

Aktuell stünden 38 alte und eine noch betriebene Bohrschlammgrube im emsländischen Rühlermoor unter Bergaufsicht, so das LBEG. Rund hundert weitere Gruben seien bekannt. Eine davon – bei Steimbke[1] – verunreinigt nachweislich das Grundwasser mit krebserregenden Stoffen. Eine unbekannte Zahl weiterer, möglicherweise wassergefährdender Altlasten harrt nun der amtlichen Entdeckung und Bereinigung.

Nachdem eine aufrüttelnde Kurzreportage von Alexa Höber (NDR) das Thema wieder ins öffentliche Bewusstsein hochgeholt hatte, ließ der niedersächsische Umweltminister Wenzel der Bergbehörde ein Aufräumprojekt verordnen. Die wälzt jetzt alte Akten und stellt die Dokumentation her, die von einer guten Behördenpraxis standardmäßig zu erwarten ist.

Behörde muss nachsitzen
»Das LBEG recherchiert gerade systematisch nach Schlammgruben, die mit der Erdöl- und Erdgasförderung in Verbindung stehen könnten, d.h. seit dem Beginn der Erdölförderung in Niedersachsen (1850er Jahre)«, heißt es in dem Artikel des LBEG vom 5.12.14. Die bisher von der Behörde »aufgefundenen« Bohrschlammgruben sind auf dem niedersächsischen Bildungs- und Informationsserver NIBIS hinterlegt.

Erste Beprobungen mit besorgniserregendem Ergebnis
Wie die Rotenburger Kreiszeitung gestern berichtete, seien Gutachter an der Bohrung Kallmoor Z1 jetzt fündig geworden: »Eine erhöhte Konzentration von Mineralölkohlenwasserstoffen habe sich in den unter einer 50 Zentimeter hohen Deckschicht abgelagerten Bohrschlammresten ergeben. Zudem wurden in beiden Gruben erhöhte Belastungen mit Benzol, Toluol, Xylol und Ethylbenzol (BTEX) gemessen. Am Standort eines ehemaligen Lagertanks seien darüber hinaus „Auffälligkeiten in Form eines stechenden aromatischen Kohlenwasserstoff-Geruches“ festgestellt worden – möglicherweise Hinweise auf Lösungsmittel.«

Damit sind die Ergebnisse, die an dieser Bohrung im Rahmen der oben erwähnten NDR-Reportage erhoben worden waren, bestätigt. Jene Untersuchungen hatten Mineralölkohlenwasserstoff-Gehalte von über 50.000 mg/kg ergeben, was ein Vielfaches des erlaubten Grenzwertes darstellt.

Bedenken von Bürgern, die die aktuelle Berichterstattung und nachfolgend Behördenaktivität ausgelöst hatten, gibt es auch außerhalb von Niedersachsen. In Schleswig-Holstein und Hamburg, Ländern, in denen das LBEG ebenfalls Bergaufsichtsbehörde ist, wird seit rund 100 Jahren Öl und Gas gefördert. Hier fragt sich, wie in Niedersachsen, was aus den damaligen Bohrschlammgruben geworden ist.

Fußnote:
[1] Der äußerst interessante Filmbeitrag wurde leider depubliziert. Er zeigte u. a. Unregelmäßigkeiten in den Akten: Die Deponieerlaubnis erstreckte sich auf Bauschutt, abgeladen wurde allerdings auf kohlenwasserstoffhaltiger Abfall aus der Öl- und Gas-Industri. Und der gibt jetzt offenbar Giftstoffe in Boden und Grundwasser ab.

Anmerkung: Alle Links in diesem Beitrag sind am 19.2.15 abgerufen worden. Etwaige spätere Änderungen der verlinkten Inhalte konnten nicht berücksichtigt werden.