Verklappung von Bergbau-Abwässern: Anzeige gegen Unbekannt wegen Gewässerverschmutzung

Modell Gerstunger Mulde, Kali-Abwässer
Millionen versenkte Kubikmeter Flüssig-Müll sind längst in den nutzbaren Grundwasserleiter eingedrungen. (Screenshot Modell d. Gem. Gerstungen 2012; Video)
Wegen des Verdachts der Gewässerverunreinigung hat die Werra-Weser-Anrainerkonferenz (WWA) gestern Strafanzeige gegen Unbekannt erstat­tet. Jetzt muss sich die Staatsanwaltschaft Kassel mit der fortgesetzten Verpressung industrieller Abwässer befassen, die das Unternehmen K+S durchführt. Brisante Unterlagen, deren Offenlegung die Gemeinde Gerstungen erst kürzlich per Klage erstritten hatte, zeigen, dass das Hessische Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG) bereits am 10. Juli 2014 erhebliche Verschmutzungen nutzbarer Grundwasservorkommen festgestellt hat, die auf die Salzabwasserversenkung zurückzuführen seien. Dieses alarmierende Ergebnis hat allerdings bis heute nicht dazu geführt, dass die zuständigen Behörden dieser Entsorgungspraxis Einhalt geboten hätten.

Seit vielen Jahren ist bekannt, dass die Verpressung von Millionen Kubikmetern hochsalinen Abwassers in den Plattendolomit des Werra-Tals zu einer Versalzung des nutzbaren Grundwasserleiters führt. Mehrere Wassergewinnungsbrunnen mussten bereits geschlossen werden. Die Gemeinde Gerstungen hat dies schon 2012 in einem Modell veranschaulicht.

Trotzdem hat das Regierungspräsidium Kassel dem Unternehmen 2011 eine neue wasserrechtliche Erlaubnis zur weiteren unterirdischen Entsorgung gegeben und sie auch nicht widerrufen, als darin gemachten Auflagen nicht erfüllt wurden.

Insbesondere die Auflage, nach der K+S bis Ende 2013 nachweisen musste dass eine Beeinflussung des Grundwassers ausge­schlossen ist, habe das Unternehmen bis heute nicht erbracht, kritisiert die WWA in ihrer Erklärung zu der Strafanzeige. Schon damals hätte die Möglichkeit bestanden, die Erlaubnis zur Laugenverpressung zu widerrufen, die hessischen Behörden hätten diese Möglichkeit zum Schutz des Grundwassers jedoch nicht genutzt.

Mehr noch, Hessens Umweltministerin Hinz hat, trotz Kenntnis der besorgniserregenden Ergebnisse des genannten HLUG-Gutachtens, im Herbst 2014 mit dem Unternehmen einen sog. Vier-Phasen-Plan abgemacht, der u. a. die Fortdauer der Verpresstätigkeiten bis zum Jahr 2021 beinhaltet.

Für die vorgesehene neue wasserrechtliche Erlaubnis, die ab Dezember 2015 erforderlich wird, soll erneut der Nachweis der Unbedenklichkeit der Salzabwasser-Verpressung vom Unternehmen erbracht werden. Marjana Schott, umwelt- und verbraucherpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag, findet es »absurd wenn das Umweltministerium jetzt darauf hinweist, dass K+S für die Genehmigung einer weiteren Versenkung von Salzabwässern ein dreidimensionales Modell vorlegen müsse, um Trinkwassergefährdung ausschließen zu können. Genau die gleiche Nebenbestimmung wurde mit der Versenkgenehmigung 2011 verfügt. K+S hätte bis zum 31.12.2013 ein solches Modell vorlegen müssen. Aus den nun öffentlich gewordenen Unterlagen des Regierungspräsidiums Kassel geht aber hervor, dass ein funktionierendes 3D-Modell von K+S nicht vorgelegt wurde.
Seit mindestens drei Jahren ist absehbar, dass K+S auf einen Entsorgungsnotstand zusteuert, der Arbeitsplätze in Gefahr bringt. Alternative Entsorgungswege, wie das Eindampfen der Abwässer, wurden vom Umweltministerium nie ernsthaft verfolgt. Stets schenkte man den Behauptungen von K+S, dies sei zu teuer, mehr Glauben, als den Firmen, die die Eindampfung angeboten haben. Für die Gefährdung von Arbeitsplätzen trägt das Umweltministerium Mitverantwortung.«

„Trinkwasser und Gesundheit haben für uns absoluten Vorrang.“
Wie anders scheinbar stellt sich die Situation im Bund in Bezug auf Fracking dar: „Trinkwasser und Gesundheit haben für uns absoluten Vorrang.“ schrieben sich die Koalitionäre von CDU/CSU und SPD Ende November 2013 auf Seite 61 in ihren Koalitionsvertrag. Man könnte nun annehmen, dass dieser Grundsatz auch in den Ländern und auch in allen anderen Zusammenhängen Bestand hat, in denen nutzbare Grundwasserreserven betroffen sind. Aber vielleicht ist der absolute Vorrang doch relativ zu wirtschaftlichen Erwägungen zu verstehen. Der Gedanke drängt sich zumindest auf, wenn man die Geschehnisse in Thüringen und Hessen betrachtet oder auch die mangelnde Ernsthaftigkeit, mit der die zuständigen Behörden den Gewässerschutz im Rahmen der aktuellen Rechtsänderungen zum Fracking behandeln.

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