Mit der Wahl von Andreas Stahlberg zum Leiter des Braunkohle-Arbeitskreises Jänschwalde im brandenburgischen Braunkohle-Ausschuss – kurz BKA – erfährt der Widerstand gegen den Braunkohle-Abbau und die Erweiterung der Abbauflächen eine Stärkung. Wegen der drohenden Abbaggerung weiterer Dörfer und der katastrophalen Auswirkungen der Braunkohle auf Umwelt und Klima ist der wachsende Widerstand auch bitter nötig – im Osten wie im Westen.
In der Wahl von Andreas Stahlberg zum Leiter des regionalen Arbeitskreises Tagebau Jänschwalde des Brandenburgischen Braunkohlenausschusses sieht der Umweltverband GRÜNE LIGA ein klares politisches Signal. »Das Wahlergebnis ist ein Zeichen, dass die Region den Tagebau Jänschwalde-Nord ablehnt. Ich gehe davon aus, dass die Probleme und Sorgen der vom Tagebau betroffenen Orte künftig besser in den Braunkohlenausschuss transportiert und nicht wie bisher ausgesessen werden«, kommentierte Grüne Liga-Mitglied René Schuster die Wahl Stahlbergs und forderte: »Es ist an der Zeit, dass die Landesregierung den Plan eines Tagebaues Jänschwalde-Nord endlich fallen lässt.«
Andreas Stahlberg, der in Schenkendöbern lebt und der Fortsetzung des Braunkohle-Tagebaus in der Region ablehnend gegenüber steht, setzte sich am 19. März in der Abstimmung gegen den von der Landesplanungsbehörde vorgeschlagenen bisherigen Amtsinhaber Frank Schneider durch. Im regionalen AK Jänschwalde sind die von dem Tagebau Jänschwalde und der Planung eines Tagebaues Jänschwalde-Nord betroffenen Gemeinden, Ortsteile und Landwirtschaftsbetriebe vertreten. Formal muss der Arbeitskreisleiter noch vom BKA berufen werden.
Breiter Widerstand gegen die ökologische und humane Katastrophe
Nicht nur Stahlberg, sondern auch die Gemeinde Schenkendöbern und die Stadt Guben lehnen laut Schuster einen Braunkohletagebau Jänschwalde-Nord klar ab, da ein solcher Plan die Ortsteile Grabko, Kerkwitz und Atterwasch zur Umsiedlung und Orte wie Groß Gastrose und Taubendorf in eine unzumutbare Randlage zwingen würde. Der regionale Widerstand gegen den klimaschädlichsten aller Energieträger hat bundesweite Unterstützung, wie das Klima-Camp im August letzten Jahres mit tausenden Teilnehmern zeigte.
Die Absicht, diesen Tagebau aufzuschließen, wurde im September 2007 von der Brandenburgischen Landesregierung gemeinsam mit dem Unternehmen Vattenfall verkündet. Ein Braunkohleplanverfahren zur rechtlichen Legitimierung des Vorhabens soll dieses Jahr abgeschlossen werden. Nachdem Vattenfall im Oktober letzten Jahres seinen Ausstieg aus der Braunkohle angekündigt hat, soll eine angestrebte Plangenehmigung offenkundig den Verkaufswert der Tagebaue steigern.
Braunkohle-Gewinnung für den Export
Die stetige Zunahme erneuerbarer Energieträger in Deutschland macht den Energieträger Braunkohle zunehmend überflüssig. Trotzdem wird unverdrossen weiter gebaggert und inzwischen mehr Braunkohle im Land produziert, als das Land verbraucht. So entwickelt sich ein neuer Exportschlager: Braunkohle, die im benachbarten Sachsen abgebaut wird, brennt mittlerweile in Tschechien, wie der ehemals in Heuersdorf ansässige Energieexperte Jeffrey Michel berichtete: Aus dem Tagebau Schleenhain, südlich von Leipzig, lässt die MIBRAG den schmutzigen Brennstoff per Bahn und LKW über die Grenze transportieren. 200 LKW täglich, so die Schätzung, und ein fossiler Irrsinn in Bahnwaggons. Die Bundesregierung deckt die ökologische Unvernunft mit angeblicher Ahnungslosigkeit.
Menschen als Spielball wirtschaftlicher Interessen
Jänschwalde und Schleenhain sind zwei Beispiele von vielen, an denen deutlich wird, dass menschliche, soziale und kulturelle Schutzgüter kaum einen Pfifferling wert sind, wenn es ums Geldmachen mit der Braunkohle geht. Nochten-2, ein weiterer geplanter Tagebau im Süden Brandenburgs, ist noch so ein Beispiel. Hier ist das Kerngebiet der sorbischen Kultur von der Abbaggerung bedroht. Offensichtlich schert es weder Unternehmen noch politische Entscheidungsträger, was vor gar nicht langer Zeit im deutschen Einigungsvertrag vereinbart wurde. Der hohe Schutzstatus der Domowina als angestammter Heimat der Sorben ist dort verankert. »Die Bewahrung und Fortentwicklung der sorbischen Kultur und der sorbischen Traditionen werden gewährleistet.« heißt es in dem Vertrag.
Von Rohne, Mulkwitz, Schleife Süd, Mühlrose, Klein-Trebendorf und Trebendorf-Hinterberg…
Das regionale Bündnis gegen den Tagebau Nochten 2 lädt seit 2012 regelmäßig zu Ostern oder am darauf folgenden Wochenende zu einem Spaziergang durch das bedrohte Dorf Rohne mit anschließender Kundgebung ein. Der nächste Spaziergang ist für en 12. April angesetzt. Treffpunkt ist um 14 Uhr am Bahnhof Schleife, wer nicht so gut zu Fuß ist, kann sich gegen 14:45 Uhr an der Feuerwehr Rohne anschließen. Im Anschluss findet an der Mehrzweckhalle (Sportplatz) eine Kundgebung statt.
Damit protestieren besonders Angehörige der sorbischen Minderheit gegen die geplante Zerstörung der Dörfer Rohne, Mulkwitz, Schleife Süd, Mühlrose, Klein-Trebendorf und Trebendorf-Hinterberg. Sie haben dabei die Zeile der sorbischen Hymne »Swjěte su mě twoje strony – heilig sind mir Deine Fluren« erweitert zu »Swjěte su nam naše strony a wjeski – Heilig sind uns unsere Fluren und Dörfer.«
Unterstützt werden die Betroffenen dabei von Umweltgruppen, Künstlern und Politikern, die seit 2013 gemeinsam als Bündnis „Strukturwandel jetzt – Kein Nochten II“ auftreten. Der Vattenfall-Konzern hat inzwischen aufgrund seiner Verkaufsbestrebungen die weitere Umsetzung von Umsiedlungsverträgen gestoppt. Gegen den im vergangenen Jahr genehmigten Braunkohlenplan ist eine Klage beim Oberverwaltungsgericht Bautzen anhängig, informiert der Kohle-Rundbrief der Lausitzer Aktiven gegen die Braunkohle.
… bis Hambach und Garzweiler
Nach dem tollen Erfolg der grenzüberschreitenden Anti-Kohle-Kette in der Lausitz im letzten Sommer ruft die Anti-Kohle-Kette ein, zwei Wochen nach dem Rohner Spaziergang zur Aktion in Garzweiler auf. Am 25. April 2015 wird in Nordrhein-Westfalen das nächste, mächtige Zeichen gegen einen Bergbau gesetzt, der inzwischen völlig aus der Zeit gefallen ist. Damit es »die da oben« auch endlich merken und die beschlossene Energiewende endlich mit vollem Herzen voranbringen.