Seitdem hat der Backsteinbau wieder bessere Zeiten gesehen. Die Orgelpfeifen sind längst ersetzt worden. In die Kirche kommt trotzdem kaum noch jemand; es werden immer weniger hier im 1000-Seelen-Dorf Saal, Kreis Vorpommern-Rügen. Das Haus an der Hauptstraße, das einst den Konsum beherbergte, steht leer und zum Verkauf, wie so einige Häuser hier in diesem stillen Ort, die leise vor sich hin verfallen.
wireline-Rolle coiled tubing-Rolle (danke für den Hinweis, Herr Adler) und einem Kompressor, LKWs mit flüssigem Stickstoff und anderen Zutaten, Tanks, Behälter, Rohre in allerlei Farben und Formen verschiedener Subunternehmen, Container mit Chemikalien, eine mobile Gasfackel und der Schwerlastkran zur Einrichtung des Bohrplatzes und später zur Unterstützung des Frackings. Mittendrin der blaue wellhead auf der Bohrung. Ein Stück daneben ein weiterer, in Halliburton-Rot, der noch auf seine Montage wartet. Wenn er montiert ist und die Druckschläuche angeschlossen sind, sieht er ungefähr so aus.
Weite Wege haben teilweise auch die Chemikalien hinter sich, die am hinteren Ende des rund 40 mal 60 Meter großen Platzes am Zaun stehen. „Völkersen“ steht auf dem grünen Anhänger an dem Metallkorb, in dem sich ein Container mit rosa Flüssigkeit befindet. „50 % Antifreeze“ lautet der Zusatz auf dem grünen Anhänger. Ob es sich dabei um Ethylenglykol handelt, eine Substanz, die beim hydraulischen Frakturieren häufig zum Einsatz kommt und giftig ist, ist ebenso wenig ersichtlich, wie der Inhalt anderer 1000-Liter-Container, die auf dem Platz herumstehen.
CEPetro hat nach eigener Information am 10. März 2014 die Zulassung erhalten, die Bohrung „an das umliegende Gestein anzuschließen“. Dazu sollen insgesamt 10 „hydraulische Stimulationen“ auf einer Horizontalstrecke von rund 1000 Metern vorgenommen werden, eine jede von ihnen mit bis zu 150 Kubikmetern (150 Tausend Liter) Wasser, Sand und chemischen Zusatzstoffen. Die Risse, die damit erzeugt werden, sind Modellrechnungen zufolge 70 Meter lang, horizontal wie vertikal, so CEP-Pressesprecher Jens D. Müller.
Obwohl es alles andere als plausibel ist, das Bohrloch mit 70-Meter-Rissen ans Gestein „anzuschließen“ — immerhin hat CEP-Deutschland-Chef Dr. Thomas Schröter selbst angegeben, das Gestein habe nur im Umkreis von maximal 2 Metern um die Bohrung durch Verschlammung und Zerrüttung beim Bohren an Durchlässigkeit eingebüßt — bemüht sich CEP verzweifelt, das Projekt nicht als Fracking darzustellen. „Das ist kein Schiefergasfracking“, so tönt es seit Monaten aus dem Unternehmen. Natürlich gibt es in Saal kein Schiefergasfracking, weil es kein Schiefer ist, den CEP in der Bohrung Barth 11 fracken will, sondern ein anderes, wenig durchlässiges Gestein (Zechsteinkarbonat lt. Landesregierung), das das Öl ohne Fracking nicht freigibt.
„Ein sofortiges ausnahmsloses Verbot sämtlicher Formen von Fracking bei der Erforschung, Aufsuchung und Gewinnung fossiler Energieträger. Dies ist unabhängig davon, ob die Rissbildung mit oder ohne den Einsatz giftiger Chemikalien, hydraulisch oder andersartig erzeugt wird.“
Denen, die in Saal auf dem Friedhof ihre letzte Ruhe gefunden haben, ist dieser Streit egal. Der Frau, die dort die Gräber pflegt, ist es nicht egal, aber sie sagt, sie sei alt und müde. Im Krieg das Blei, vor einigen Jahren jemand auf der Suche nach dem Heiligen Gral, jetzt die Ölbohrer — Saal hat Schätze oder auch nicht. Sie würde die Probleme, die mit dem Fracking kämen, wohl nicht mehr erleben. Die Jungen, die müssen sich wehren, sagt sie und meint damit die, die es der Politik überlassen, ihr Geschick zu lenken.