Offenbar verstoßen Unternehmen gegen Recht und Gesetz, wenn sie Fracking mit nicht zugelassenen Substanzen durchführen. Dies stellt jetzt noch einmal die aktuelle Ausgabe der WATERKANT klar (L. Waldmann: Keine Entwarnung für den Untergrund):
Auf einem Hearing des Niedersächsischen Umweltministeriums im Oktober 2013 mit Bürgerinitiativen, der Erdgasindustrie und Behörden zu möglichen Umweltverträglichkeitsprüfungen in Fracking-Verfahren gab es auch einen Kurzvortrag des zuständigen Chemikalienreferenten im Niedersächsischen Umweltministerium, Michael Braedt. Der machte deutlich, dass der Einsatz der bisherigen Fracking-Chemikalien nicht im Einklang mit der europäischen REACH-Verordnung stehe, die seit 2007 europaweite Gültigkeit besitzt. Danach müssen sich Chemikalien vor ihrem Einsatz einer REACH-Registrierung unterziehen, die aber erst nach Vorlage diverser Untersuchungsergebnisse bezüglich Gesundheits- und Umweltfolgen erteilt wird und dann auf definierte Anwendungsbereiche beschränkt ist. Die bisher in den unterschiedlichen Fracking-Projekten eingesetzten Chemikalien erfüllen diese europäischen Vorgaben nicht. |
Neu ist diese Erkenntnis nicht. Bereits 2011 warnte EU-Kommissionsmitglied Karl Falkenberg laut ENDS:
None of the chemicals used to hydraulically fracture rocks for shale gas extraction are registered substances are being used. Volltext hier |
Die Industrie (zumindest Cuadrilla) gab sich damals naiv:
We’d heard nothing at all about this, and we’re looking into it… |
Seitdem haben zwei Arbeitsgruppen sowie Braedt exemplarisch REACH-Dossiers von Fracking-spezifischen Stoffen analysiert. Die Sonderforschungsgruppe Instutitionsanalyse Darmstadt/Göttingen untersuchte in der SOFIA-Studie (März 2012) 11 Fracking-spezifische Stoffe (Bohrung in Damme); das Joint Research Centre (JRC)#, Ispra für die EU-Kommission (DG Environment; Sept 2013) 16 Fracking-spezifische Stoffe und Braedt 14 Fracking-spezifische Stoffe, die der Stoffliste für die Frac-Fluids (Fa. Wintershall) der Bohrung Düste Z10 bei Barnstorf in der ECHA-Datenbank.
Alle kommen zu dem Ergebnis, dass viele der untersuchten Stoffe zwar zumeist bei REACH vorregistriert sind, aber nicht alle sind registriert und keiner der betrachteten Stoffe konnte die erforderliche Zulassung für den sog. intended use, also den Einsatz beim Fracking vorweisen.
Es ist gesetzlich verboten, nicht dafür zugelassene Stoffe beim Fracking einzusetzen. Daher (Grundsatz der „Einheit der Rechtsordnung“) dürfen die Behörden keine Fracking-Projekte zulassen, die nicht im Einklang mit den Vorgaben des Stoffrechts stehen. Ob und wie in der Vergangenheit mit unzulässigen Stoffen durchgeführte Frac-Projekte geahndet werden, blieb auf dem Oktober-Hearing im Hannöverschen Umweltministerium offen.