Salzhalden in Deutschland: In Giesen soll es weitergehen

Kali-Halde in Giesen
Kali-Halde in Giesen (Foto: Christoph73/wikimedia
»Dem Haldenmanagement kommt eine übergeordnete Rolle zu.«, sagte Thüringens Staatssekretär Möller in der Anhörung zur Werra- und Weser Versalzung, die der Umweltausschuss des Bundestages am vergangenen Mittwoch abhielt. Am selben Tag, als aller Augen auf diese skandalöse Umweltverschmutzung in der thüringisch-hessischen Kali- und Salzregion – die teilweise schon manifeste Kontamination des nutzbaren Grundwassers und die eklatante Übersalzung der Flüsse Werra und Weser – gerichtet waren, hat das verursachende Unternehmen Kali+Salz Plan-Unterlagen für die Re-Aktivierung des »Reservebergwerks« Siegfried-Giesen beim niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) eingereicht.

In Giesen will K+S, nach der Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung, die Produktion im Bergwerk Siegfried-Giesen wieder anfahren. Teil des Plans ist, zu der dort schon bestehenden Halde eine zweite aufzuschütten.

Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel hatte bereits klargemacht, dass er den zweiten Kali-Berg in Giesen verhindern wolle. Die im letzten Dezember angekündigte rechtliche Prüfung einer Möglichkeit einer solcher Verhinderung scheint nicht planmäßig im Januar gelungen zu sein und soll laut Focus nun im Zuge des Genehmigungsverfahrens stattfinden.

Die örtliche Bürgerinitiative GiesenSchacht e. V. sieht den Planungen mit Argusaugen zu. Ohne grundsätzlich gegen den Bergwerksbetrieb zu sein, erregen bei ihnen insbesondere die zweite Halde, die geplante Kali-Bahn und ein Wetterschacht Anstoß, der die feinstaubhaltige Abluft aus dem Bergwerk direkt in den Ort Ahrbergen blasen würde.

Auch die Chlorid-Belastung der Gewässer, die mit einer zweiten Halde zunehmen würde, ist der Initiative ein Dorn im Auge. Schon heute wird der Vorfluter – die Innerste, Nebenfluss der Leine – mit »kontrolliert eingeleitetem« Salzabwasser von der Giesener Halde belastet, wenn auch laut NLWKN im Jahr 2000 [PDF] gem. Wasserrahmenrichtlinie nur von einer mäßigen Chlorid-Belastung gesprochen werden konnte.

Die bekannte Tatsache, dass Kali- bzw. Salzhalden maßgeblich zur Versalzung von Gewässern an der Oberfläche und in der Tiefe beitragen, wird von der Antragstellerin offenkundig ignoriert oder zumindest bagatellisiert bzw. schöngeredet: Zwar soll die neue Halde komplett nach unten abgedichtet sein, sodass kein Sickerwasser in den Boden gelangen solle, aber die zwangsläufig anfallenden Haldenabwässer – hier vornehm »mineralisiertes Haldenwasser« genannt – sollen auch noch in die Innerste abgeleitet werden.

Dabei gibt es schon eine bessere Lösung. Die besteht nicht im ebenfalls höchst umweltschädigenden Verklappen der Abwässer im Untergrund, sondern im Eindampfen und Entsorgen der Feststoffe. K+S-Projektleiter Gerd Hofmann sagte bereits im Jahre 2011 [PDF] etwas vollmundig: »… vom Eindampfen chloridhaltiger Lösungen verstehen wir etwas.«

Dass ein Eindampfen der Abwässer im Giesener Plan offenbar nicht vorkommt, verwundert vor diesem Hintergrund. Verwunderlich auch, dass Niedersachsens Staatssekretärin im Umweltministerium, Almut Kottwitz, bei der Anhörung am letzten Mittwoch den Bund aufforderte, die Bundesländer bei Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu unterstützen, um neue Verfahren, z. B. das Verdampfungsverfahren entwickeln zu können, statt dies direkt vom Verursacher zu verlangen bzw. die Anwendung dieses Verfahrens zu einer Bedingung für die Wiederinbetriebnahme von Siegfried-Giesen zu machen.

Noch verwunderlicher ist, dass Niedersachsen zwar als betroffener Anlieger des Werra-Weser-Flussgebiets beim Salzabwasser-Management des Werra-Reviers großes Gewicht auf die Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie legt, dann aber anscheinend bei dem Vorhaben im eigenen Land von dem Wirtschaftsunternehmen K+S nicht die Anwendung der neuen Methode fordert.

Die Wassergüte der Weser wird durch die Salzeinleitungen aus dem Werra-Revier massiv verschlechtert. Die Innerste erreicht über die Leine und die Aller bei Verden die Weser, wo sich ihre Salzfracht mit der aus dem Werratal vereint. Die von der europäischen Wasserrahmenrichtlinie verlangte gute Qualität der Gewässer bis 2027 kann mit diesem Weiter-so auf keinen Fall erreicht werden.

Kurze Geschichte des Kaliwerks Siegfried-Giesen, Groß Giesen (Niedersachsen)

Im Verlaufe des Jahres 1906 wurden die Schachtbohr- und Abteufarbeiten für den Kalischacht Siegfried-Giesen niedergebracht. 1912 wurde das Kaliwerk vorläufig fertiggestellt. 1916 erfolgte die Zusammenfassung von drei die Schachtanlage bisher betreibenden Gesellschaften zur Gewerkschaft Siegfried-Giesen, die zu Beginn der 1920er Jahre die Schachtanlagen Siegfried, Fürstenhall und Rössing-Barnten umfasste. 1928 gingen die Anlagen in den Besitz des Burbach-Konzerns über.

Von 1932 bis 1935 lag das Kaliwerk Siegfried-Giesen still. Während Mitte der 1930er Jahre die benachbarte Anlage Fürstenhall zu einer Munitionsfabrik umgebaut wurde, kam der Produktionsbetrieb auf den Anlagen Siegried-Giesen und Rössing-Barnten zeitweise zum Erliegen.

Ab 1939 wurde Siegfried-Giesen modernisiert, erhielt eine große Wohnsiedlung und 1940 eine Bromfabrik.

Nach zeitweiligem kriegsbedingtem Stillstand wurde im Mai 1945 die Förderung wieder aufgenommen. In den folgenden Jahren wurden die Einrichtungen erweitert und in den 70er Jahren übernahm der Schacht Siegfried für alle drei Schachtanlagen die Seilfahrt. Aus dem Bergbau-Archiv Bochum

Am 1. Juli 1970 brachten die Burbach-Kaliwerke AG ihren gesamten Bergwerksbesitz in die zusammen mit der Wintershall AG und der Salzdetfurth AG gegründete Kali und Salz GmbH ein. Zum 30. September 1987 sollte das Bergwerk planmäßig stillgelegt werden. Nach einem Grubenbrand im Juli 1987 wurde die Fördereinstellung vorgezogen. Bis 1999 fanden noch Versatzarbeiten statt (aus Wikipedia).

Seit der Stilllegung des Bergwerks im Jahr 1987 wurde der untertägige Teil als Reservebergwerk offengehalten. Die jetzt eingereichten Genehmigungsunterlagen sollen die Wiederaufnahme der Produktion ab 2016 ermöglichen.