Unverbindliche Mindestgrundsätze beim Fracking schützen nicht

Energiewende-Demo Berlin 2013Elf EU-Länder ziehen Hochvolumen-Hydrofracking zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdöl und Erdgas in Betracht und haben teilweise schon Genehmigungen dafür erteilt. Das geht aus dem jetzt veröffentlichten Bericht der EU-Kommission hervor. Dabei zeigt sich, dass die Unionsländer den Empfehlungen der Kommission – die so genannten Mindestgrundsätze zur Aufsuchung und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen mittels Hochvolumen-Hydrofracking – nach Belieben befolgen oder sie als unverbindliche Vorgaben links liegen lassen.

Den Kritikern der umstrittenen Bergbaumethode ist klar: Auf die Weise kann es keine ausreichende Vorsorge vor den teils weitreichenden Gefährdungen des Fracking, z. B. für Wasser- und Naturschutz- sowie Wohn- und Überschwemmungsgebiete geben. Fracking-Gegner monieren, dass die »Mindestgrundsätze« der Kommission mit Regulierung nichts zu tun haben und ihre Unverbindlichkeit Mensch und Natur in große Gefahr bringt.

„Der Stand der Dinge in Europa ist erschreckend zu lesen. Die Länder können sich beim Fracking die Sicherheitsstandards aussuchen, die sie anwenden möchten. Das ist eine Verhöhnung des Prinzips der Freiwilligkeit, den die Kommission gewählt hat. Dies setzt Schutzgebiete, Wohngebiete und Hochwasserschutz- bzw. Überschwemmungsgebiete, großen Gefahren aus, sagte Antoine Simon, Friends of the Earth, zum Bericht der EU-Kommission.

Die Bandbreite, mit der die Unionsländer das Thema Fracking handhaben, ist enorm. Während es z. B. in Frankreich ein gesetzliches Fracking-Verbot gibt und in Bulgarien ein Moratorium, schreitet das Vereinigte Königreich von England massiv voran und will Fracking sogar unterhalb von Naturparks erlauben.

Auch die deutsche Bundesregierung nimmt die »Minimalgrundsätze« eher leicht. Das wurde zuletzt an den Rechtsänderungsentwürfen im zurzeit laufenden Gesetzgebungsverfahren zum Fracking sichtbar, die im Dezember 2014 öffentlich wurden. Weder sehen sie vor, dass Unternehmen, die Hochvolumen-Hydrofracking (HVHF) einsetzen wollen, eine ausreichende Sicherheitsleistung zu hinterlegen haben, noch, dass der Erteilung bergrechtlicher Genehmigungen, die evtl. HVHF beinhalten, eine strategische Umweltprüfung vorangehen soll. Auch eine Verpflichtung der Unternehmen, die Emissionen von entweichendem Methan und anderen klimaschädlichen Gasen zu verringern, und gesetzlich fixierte, eindeutige Mindestabstände zwischen genehmigten Tätigkeiten und Wohn- und Wasserschutzgebieten sowie eindeutige Regeln für die Beschränkung dieser Tätigkeiten in besonderen Gebieten (z. B. besonders geschützte oder erdbeben- oder hochwassergefährdete Gebiete) sucht man in diesen Entwürfen vergeblich.

Nichtsdestoweniger behauptete die Bundesregierung am 4. Februar in ihrer Kommunikation an die Kommission:
»Es ist (…) ein Ziel der Bundesregierung, in dem Gesetzgebungsverfahren die Empfehlungen der KOM vom Januar 2014 – soweit sie noch nicht der aktuellen Rechtslage entsprechen – aufzugreifen und im nationalen Rechtsrahmen umzusetzen.«

Im nächsten Schritt will die EU-Kommission die Länderantworten analysieren und die Wirksamkeit ihrer empfohlenen »Mindestgrundsätze« überprüfen. Im August will sie dem Vernehmen nach das Ergebnis ihrer Analyse veröffentlichen. Es bleibt zu hoffen, dass die Kommission einsieht, dass Empfehlungen allein nicht reichen, um die Risiken des Fracking auf ein vertretbares Maß zu reduzieren.

Wenig hoffnungsfroh stimmt, dass die Kommission erst kürzlich im Rahmen des Programms HORIZON 2020 weitere 12 Mio. Euro für die Fracking-Forschung ausgegeben hat – nicht nur deshalb, weil diese Mittel sicher besser einzusetzen wären, als damit die Verlängerung des fossilen Zeitalters zu befördern, sondern auch, weil damit wieder einmal klar wird, dass die grundlegendsten Grundlagen der massiven Zerstörung im Untergrund durch Hochvolumen-Hydrofracking weder hinreichend verstanden noch ihre Risiken auch nur im Ansatz beherrschbar sind.