Die Region im Landkreis Verden ist Erdgasfördergebiet seit Jahrzehnten, deren beklagenswerte Folgen sich zunehmend manifestieren: Quecksilber- und Benzol-kontaminierte Äcker, Erdbeben und Risse in den Häusern und die wachsende Angst vor krankmachenden Schadstoffen in Boden, Wasser und Luft. Und die Wut über eine skrupellose Industrie und Politik. Die plant jetzt die Verklappung von jährlich 130.000 Kubikmetern flüssigen Sondermülls in die ausgeförderte, gefrackte Bohrung Völkersen Nord Z3 – ohne schädliche Folgen sicher ausschließen zu können, wie die Bürgerinitiativen betonen.
Jantz meinte, mit dem Fracking-Gesetzentwurf sei man auf gutem Wege, Fracking mit strengen Auflagen in sichere Bahnen zu lenken. Bei der so genannten Beweislastumkehr müsse aber noch nachgebessert werden, weil die Beweislast weiterhin bei den Geschädigten liege.
Mattfeldt wetterte gegen den Gesetzentwurf, weil er weiterhin die Verpressung von Lagerstättenwasser vorsieht. Dabei sei die oberirdische Aufbereitung mit dem Ultrafiltrationsverfahren heute schon möglich, die gefährliche Verpressung erübrige sich somit. Außerdem dürfe die Debatte nicht auf Fracking allein beschränkt werden, sondern müsse die so genannte konventionelle Förderung mit einbeziehen: Auch hier seien bereits zahlreiche Risiken und Störfälle zu verzeichnen, wie undichte Lagerstättenwasser-Leitungen und Erdbeben. Mattfeldt forderte, die verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung nicht nur bei Fracking-Vorhaben, sondern bei jeglichen Erdgas-Fördervorhaben vorzuschreiben.
Felix Stellfeldt von der Bürgerinitiative Intschede erzählte zum Schluss die Mutmach-Geschichte, wie es bis jetzt gelungen ist, der Dea, die in der Gemeinde eine neue Bohrung niederbringen will, bis heute keinen einzigen Quadratzentimeter Land dafür zu geben. Die Geschichte zeigt, dass es möglich ist, die Gasindustrie von Anfang an zu stoppen, selbst wenn die Behörden Genehmigungen erteilt haben.
Hintergrund:
Die »Dea« (DEA Deutsche Erdöl AG; vormals RWE Dea AG) fördert seit mehreren Jahrzehnten Erdgas aus der Lagerstätte Völkersen. Die Erdbeben, die in den vergangenen Jahren aufgetreten sind und zu Schäden an Grundstücken und Immobilien geführt haben, und die Kontamination von Ackerböden durch ausgelaufenes Lagerstättenwasser bzw. diffundiertes Benzol und Quecksilber, die nicht etwa durch das Unternehmen oder die Bergaufsicht, sondern erst auf Betreiben der Bürger vor Ort entdeckt wurden, sind nicht hinzunehmende Auswirkungen der Gasproduktion an diesem Ort.
Im April 2013 hat das Unternehmen einen Antrag auf Planfeststellung für die Erhöhung des Fördervolumens auf dem Förderplatz der Völkersen Z3/Z11 eingereicht – um die allgemein rückläufige Produktionsmenge anzukurbeln, wie es auf einer Unternehmenswebsite heißt. Der Antrag »ruht« zurzeit, weil Bürger massive Einwendungen eingebracht haben.
Seit 2013 ist die Dea auf der Suche nach einem Bohrplatz im Bereich Intschede, um die Völkensener Lagerstätte von Süden her, unter der Weser durch, anzubohren. Die Suche war dank des geschlossenen Widerstandes der betroffenen Gemeinden bisher erfolglos.
Unter dem knackigen Slogan »Dorthin zurückbringen, wo es herkommt«, plant die Dea das bisher größte unterirdische Endlager für so genanntes Lagerstättenwasser in Norddeutschland. Einen Zulassungsantrag dafür hatte das Unternehmen schon im Jahr 2012 gestellt, wie – neben anderen interessanten Informationen – aus einer Antwort des damaligen Wirtschaftministers Bode hervorgeht. Der Slogan, der stark an das positiv besetzte »Aus der Region für die Region« erinnert, klingt nur gut, ist aber unehrlich: In Wirklichkeit ist aktuell geplant, produziertes Wasser (»Lagerstättenwasser«) auch aus anderen Bohrungen im Umkreis von ca. 80 Kilometern dort in Völkersen Nord Z3 zu verklappen.
Um die angebliche Unbedenklichkeit der Verpressung von jährlich über 100 Tausend Kubikmetern des flüssigen Abfalls zu untermauern, hatte die Dea ein Gutachten zum »nachhaltigen Umgang mit Lagerstättenwasser« bei einem »unabhängigen Expertenteam« in Auftrag gegeben. Dieses erschien in seiner endgültigen Fassung zwar erst Mitte 2014, was aber das Unternehmen nicht daran hinderte, der Öffentlichkeit schon vorher Ergebnisse des Gutachtens vorzustellen.
Das ist nur einer von vielen Mängeln, die die fünf Bürgerinitiativen im Landkreis Verden dem angeblich unabhängigen Gutachten ankreiden. Zahlreiche Verstöße gegen das gebotene, wissenschaftlich saubere Arbeiten, unbelegte Behauptungen, ignorierte Tatsachen und Schönfärberei werfen die Initiativen dem Unternehmen vor. In umfangreichen Schriften üben sie detaillierte, nachvollziehbare Kritik an dem Gutachten. Sie fordern, das Gutachten »nicht als Grundlage für eine Entscheidung über den Antrag der RWE Dea AG zur Verpressung von Lagerstättnwasser in die ausgeförderte Erdgaslagerstätte Völkersen Nord Z3« zu verwenden, und stellen fest, dass »die Einholung einer von unabhängigen Wissenschaftlern und Instituten erstellten umfassenden Untersuchung zu allen mit einer derartigen Verpressung verbundenen Risiken unabdingbar ist.«
Weitere Info dazu bei der BI Langwedel.
