Das Niederbringen der Kupfer-Erkundungsbohrung bei Deschka (Landkreis Görlitz) hat begonnen. Laut einem MDR-Bericht sind die Bohrarbeiten am 12.6.15 losgegangen, laut der Unternehmerin Dr. Jolanta Dmowska (KGHM) soll gestern eine Teufe von 125 Metern erreicht worden sein. Ob die Bohrung wie geplant in rund 700 Metern Teufe kupfer- und vielleicht auch silberfündig wird oder nicht: Entsprechend der Betriebsplanzulassung soll sie im Sommer wieder verfüllt werden. Dmowska bemüht sich, jeglichen Verdacht aus der Welt zu halten, dass diese Bohrung etwas mit dem in dieser Gegend angedachten HORIZON-2020-Projekt »BioMOre« zu tun haben könnte. Kritiker einer möglichen zukünftigen Kupfergewinnung in dieser von Naturschutz und Tourismus geprägten Region nehmen ihr das nicht ab. Die Landesregierung indes hält sich bedeckt und gibt sich darüber hinaus unzuständig für das Europa-gesponsorte BioMOre-Experiment auf ihrem Hoheitsgebiet.
Vier Bohrungen seien geplant, die bis zu einer Tiefe von 1.500 Metern niedergebracht werden sollen. »Die Bohrungen in unserem Gebiet sollen bei Dunkelhäuser, Kahlemeile und am Ortsausgang Zentendorf, Richtung Deschka, erfolgen«, habe der damalige Neißeauer BBürgermeister Ewald Ernst seine Gemeinderäte und die Öffentlichkeit informiert. Das berichtete die Sächsische Zeitung im Mai 2013, jener Zeit, in der das Sächsische Oberbergamt (OBA) die betroffenen Gemeinden zu der von KGHM beantragten Kupfer-Aufsuchungserlaubnis »Weißwasser II« Stellung nehmen ließ.
Die Sache geriet, wenn sie überhaupt zur Notiz genommen worden war, in Vergessenheit, bis Ende Januar 2015 durch eine Veröffentlichung auf der Website der Gemeinde Neißeaue bekannt wurde, dass KGHM einen Antrag auf Betriebplanzulassung für eben diese Bohrung in Deschka beantragt hatte, die aktuell in die Tat umgesetzt wird.
Seitdem protestiert die Lausitzer Bürgerinitiative gegen Rohstoffpiraterie vehement gegen diese Bohrung und das drohende BioMOre-Experiment vor ihrer Haustür. Im März fand vor Ort eine Informationsveranstaltung mit Vertretern des Unternehmens und des OBA statt. Die Fragen nach den angeblich geplanten vier Erkundungsbohrungen und deren Zusammenhang mit dem BioMOre-Projekt rissen nicht ab, bis Moderator Achim Freund, G.E.O.S., und Dr. Dmowska die Aussprache kategorisch auf die Erkundungsbohrung bei Deschka beschränkten. Eine Beschränkung, die von seiten des Unternehmens bis heute Bestand hat und der seine Genehmigungsbehörde nicht widerspricht.
Doch so verschwinden die vier Bohrlöcher, die Bürgermeister Ernst vor zwei Jahren publik machte, nicht aus der Weltgeschichte. Das Arbeitsprogramm der Erlaubnis Weißwasser II enthält nach Angaben einer zuverlässigen Quelle insgesamt vier Erkundungsbohrungen, die im Jahr 2015 niedergebracht werden sollen: Die erste, zwischen Deschka und Zentendorf, ist aktuell in Arbeit. Weitere Bohrungen sind vorgesehen bei der Kulturinsel Einsiedel (Kahlemeile), in Dunkelhäuser(am oder im Rothenburger Trinkwassereinzugsgebiet) und in Rietschen an der B115 östlich des südlichen Ortseingangs.
Staatsregierung stellt sich taub, blind und stumm
Die Regierung des Freistaats Sachsen will mit dem Ganzen am liebsten nichts zu tun haben. Auf die Frage der Landtagsabgeordneten Kathrin Kagelmann (Die Linke.) nach zeitlichen und räumlichen Details des BioMOre-Projektes sowie der Rolle der beiden staatlichen Einrichtungen Technische Universität Bergakademie Freiberg (TUBAF) und Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR)in diesem Projekt zog sich die Landesregierung vollumfänglich aus der Verantwortung und antwortete, die Staatsregierung müsse »nicht auf Fragen eingehen, die Vorgänge oder Umstände außerhalb ihres Verantwortungsbereichs betreffen.« Weiter:[Dies] »ist vorliegend der Fall, denn die Frage betrifft ausschließlich Tätigkeiten, die innerhalb eines EU-Forschungsprojektes im Rahmen des EU-Forschungsprogramms „HORIZON 2020“, das zu 100 % von der Europäischen Kommission/GD Forschung und Innovation finanziert und verantwortet wird, beziehungsweise einem Privaten in eigener Zuständigkeit wahrgenommen werden.
Das EU-Forschungsprojekt BioMOre ist kein Forschungsprojekt des Freistaates Sachsen bzw. dieses Forschungsprojekt wird auch nicht durch den Freistaat Sachsen gestaltet.«
Dass mit der TUBAF und dem HZDR staatseigene Ressourcen am BioMOre-Projekt beteiligt sind und dass der Feldtest der Methode auf sächsischem Staatsgebiet geplant ist, scheint der Regierung kein ernstzunehmender Grund zu sein, sich mit der Angelegenheit zu befassen.
Überdies legt die Regierung im Erzland Sachsen eine Lässigkeit im Umgang mit Bergbaumethoden an den Tag, die an ganz alte Zeiten erinnert, als die Bergbauunternehmen noch ohne staatliche Aufsicht ihre Auffassung von gutem Bergbau leben konnten. Auf Kagelmanns Frage »Welches Abbauverfahren zur Förderung von Kupfer kommt im Feld Weißwasser II zur Anwendung sofern die Auswertung der Probebohrung eine wirtschaftliche Abbauwürdigkeit der Kupfervorräte anzeigt?« meinte die Regierung: »Die Entscheidung für ein Abbauverfahren zur Förderung von Kupfer im Feld Weißwasser II für den Fall, dass die weitere Erkundung nach Auswertung der Probebohrung eine wirtschaftliche Abbauwürdigkeit der Kupfervorräte anzeigen würden, obliegt dem Bergbauunternehmen.«
Natürlich kann ein Bergbauunternehmen jedes ihm beliebige Abbauverfahren zur Zulassung beantragen. Aber die Entscheidung, ob ein Abbauverfahren eingesetzt werden darf oder nicht, ist ein gesetzlich geregelter Verwaltungsakt der zuständigen Behörde und obliegt somit genau dieser und nicht dem Unternehmen. Diese Tatsache ist anscheinend bisher an der Dresdener Regierung vorbeigegangen.
Tag des offenen Bohrlochs
Nicht nur wegen seines bemerkenswerten Titel dürfte der »Tag des offenen Bohrlochs« am kommenden Samstag von 10 bis 12 Uhr die Menschen anziehen. In Gruppen zu zehn Personen können sich Interessierte eine Führung über den Betriebsplatz der Erkundungsbohrung von Deschka gönnen. Wie lang so eine Führung dauern soll, hängt vielleicht vom Andrang ab. Ob außerhalb des Betriebsplatzes für Zerstreuung gesorgt wird, ist nicht bekannt, auch nicht, ob Bratwurst und Limo gereicht werden.
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